Habeck erwartet kein russisches Gas aus Nord Stream 1 mehr

Der Wirtschaftsminister glaubt nicht, dass Russland über Nord Stream 1 noch Gas liefern wird. Die Laufzeit zweier deutscher AKW möchte er nun doch verlängern.

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Einfahrt zum AKW Neckarwestheim

Kernkraftwerk Neckarwestheim 2 mit dem Abluftkamin

(Bild: Felix König CC-BY-SA 3.0 (Ausschnitt des Originals))

Lesezeit: 2 Min.

Russland wird wohl kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1 liefern, erwartet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: "Es kommt noch ein bisschen Gas über die Ukraine-Pipeline, aber dass Nord Stream 1 wieder aufgemacht wird, gehört nicht zu den Szenarien, von denen ich ausgehe", sagte der Grünen-Politiker am Montagabend im Heute Journal im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF).

Der russische Staatskonzern Gazprom hat Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen nach Europa nicht wieder aufgenommen. Das Unternehmen begründet dies mit angeblich aufgrund eines Konstruktionsfehlers austretendem Öl aus einer Siemens-Energy-Maschine. Im Westen wurden Zweifel an dieser Version geäußert und ein politischer Hintergrund für den Lieferstopp vermutet.

Ein Sprecher von Siemens Energy sagte am Montag, bis auf Weiteres gelte die Einschätzung, dass der mitgeteilte Befund keinen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstelle. "Solche Leckagen beeinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden", so der Sprecher. Auch in der Vergangenheit sei es wegen solcher Öllecks nicht zu einem Gaslieferstillstand gekommen.

Zur Milderung der Gaskrise empfiehlt Habeck, zwei der drei noch aktiven Atomkraftwerke Deutschlands über die für Jahresende vorgesehene Abschaltung ("Atomausstieg") in Betrieb zu lassen. Sie sollen bis April 2023 bereitgehalten werden, um nötigenfalls das Netz zu stabilisieren. Das hat der Politiker am Montag bei einer Pressekonferenz mitgeteilt. Vor einigen Wochen hatte er noch erklärt, dass die Reaktoren gegen die Gas-Knappheit nichts beitragen könnten.

Inzwischen hat ein Stresstest für den Strommarkt – wenig überraschend – ergeben, dass die Versorgungssituation im kommenden Winter in verschiedenen Szenarien äußerst angespannt werden könnte. Die Prüfer gingen von noch höheren Gaspreisen und einem massiven Ausfall von Gaslieferungen aus. Stärker berücksichtigt wurden der Ausfall französischer Atomkraftwerke, der vermehrte Einsatz von Heizlüftern, sowie die Auswirkungen der Dürre auf Kohletransporte auf Flüssen ebenso wie auf die Stromproduktion aus Wasserkraft in Nordeuropa.

Die Verlängerung soll für die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 ausgesprochen werden, nicht aber für das AKW im Emsland. Denn der Strommangel dürfte eher im Süden Deutschlands als im Norden auftreten; laut Netzbetreibern mangelt es an Hochspannungsleitungskapazität zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. (mit Material der dpa)

(ds)