Nicht nur schwarze Löcher: Verdampft irgendwann einfach alles?

Stephen Hawking hat 1974 postuliert, dass an Schwarzen Löchern Strahlung entsteht und die ganz langsam verdampfen. Das könnte auch für andere Objekte gelten.

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Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs

(Bild: Elena11/Shutterstock.com)

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Fast 50 Jahre nachdem Stephen Hawking die Existenz einer nach ihm benannten Strahlung postuliert hat, durch die Schwarze Löcher im Lauf von Äonen gewissermaßen verdampfen, haben drei Physiker ermittelt, dass auch andere große Himmelskörper auf diesem Weg verschwinden. Wie die Forscher von der Radboud-Universität Nijmegen in den Niederlanden erläutern, ist der Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs ihrer Überzeugung nach überhaupt keine Voraussetzung für die sogenannte Hawking-Strahlung. Gravitation und die Krümmung der Raumzeit würden bei Neutronensternen und Weißen Zwergsternen den gleichen Effekt haben. Experimentell überprüfen lässt sich das aktuell nicht, aber sollte es stimmen, wäre Stephen Hawking auf dem falschen Weg zu einer richtigen Vorhersage gekommen.

Der 2018 verstorbene britische Physiker Stephen Hawking überraschte die Welt 1974 mit der Theorie, dass Schwarze Löcher nicht nur alles unwiederbringlich verschlingen und damit immer größer werden. Stattdessen könne aus unmittelbar am Ereignishorizont entstehenden Paaren von Teilchen und Antiteilchen unter bestimmten Umständen eins entkommen und nur eins in das Schwarze Loch fallen. Das nimmt damit gewissermaßen eine Hypothek aus negativer Energie auf, die letztlich dafür sorgt, dass es über unvorstellbar lange Zeiträume langsam verdampft. Das würde zwar länger dauern, als das Universum alt ist, aber trotzdem hat die Theorie unser Verständnis von Schwarzen Löchern verändert. Die abgegebene Strahlung heißt Hawking-Strahlung und bislang ging man davon aus, dass sie ausschließlich an Schwarzen Löchern entsteht.

Die Forschungsgruppe aus Nijmegen hat jetzt mit Techniken aus der Physik, der Astronomie und der Mathematik ermittelt, dass diese Teilchen-Trennung auch weitab vom Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs entstehen kann. Die gekrümmte Raumzeit spiele eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Strahlung, indem sie die spontan entstehenden Teilchen/Antiteilchen trenne. Ein Ereignishorizont sei überhaupt nicht nötig. Das ist jener Bereich um ein Schwarzes Loch, hinter dem nicht einmal mehr Licht entkommen kann. Stattdessen könnten auch Überreste gestorbener Sterne oder andere große Objekte diese Art Strahlung erzeugen und damit gleichzeitig genauso wie Schwarze Löcher ganz langsam verdampfen. Über sehr sehr lange Zeiträume würde sich demnach alles im Universum auflösen und keine Spur hinterlassen.

Gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung haben mehrere Experten die in den Physical Review Letters vorgestellte Theorie als sehr interessant bezeichnet, und erklärt, dass auf die Schnelle keine Schwächen sichtbar seien. Eine genaue Verifizierung werde aber Zeit benötigen. Eine wichtige Frage sei etwa, wie genau sich die neue Strahlung im Vergleich zu Hawking-Strahlung verhält, und ob es sich um verschiedene Phänomene handle. Interessant sei, ob die neue Strahlung Informationen über die massereichen Objekte nach außen trage, denn die Hawking-Strahlung tue das nicht, meint demnach Claus Kiefer von der Universität Köln. Das führe zu einem großen Paradox, denn mit den verdampfenden Schwarzen Löchern verschwinde auch alle dort gesammelte Information. Das sei aber in der Quantentheorie verboten.

(mho)