HitchBOT: Per Anhalter durch Kanada

Können Roboter den Menschen vertrauen? Um diese Frage zu beantworten wird ein Roboter versuchen, per Autostopp das zweitgrößte Land der Welt zu durchqueren.

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Ein autonomer Roboter soll quer durch Kanada reisen. Der Weg durch das zweitgrößte Land der Erde ist zumindest 6.000 Kilometer lang. Die Route verläuft von Halifax, der am Atlantik gelegenen Hauptstadt Neuschottlands, nach Victoria, der auf Vancouver Island im Pazifik gelegenen Hauptstadt Britisch-Kolumbiens. Am Sonntag geht es los. Ein kleines Problem wäre da noch: Weil der Roboter bewegungsunfähig ist, muss er per Anhalter reisen. Deswegen heißt er auch hitchBOT (etwa: anhaltBOT).

Zur Stunde weilt der hitchBOT noch in Neuschotland, Kanada.

(Bild: hitchBOT)

Seine Energie bezieht der hitchBOT aus Solarzellen und hoffentlich aus den Zigarettenanzünder-Buchsen freundlicher Kraftfahrer. Das Gerät verfügt über GPS, Mikrophon, Kamera und, soweit Mobilfunkversorgung besteht, über eine Datenverbindung. Darüber werden nicht bloß Konten bei Twitter und Instagram sowie die Website bestückt. Der hitchBOT saugt auch Daten aus dem Internet, um sie in Unterhaltungen einfließen zu lassen.

Denn der hitchBOT ist versiert in Konversation (basierend auf Cleverscript). Er muss die Menschen, die er trifft, dazu überreden, ihn mitzunehmen. Zum Dank unterhält er sich dann ausführlich mit ihnen. Aber nur wenn und solange sie es wünschen. Auch sonst wurden ihm gute Manieren einprogrammiert: Er fragt um Erlaubnis, bevor er Fotos schießt. Sein Englisch ist fließend, doch sein Französisch beschränkt sich auf einige Sätze. Das könnte auf einem Teil der Reise von Nachteil sein.

Der hitchBOT ist ein gemeinsames Konzept von David Harris Smith, Assistenzprofessor an der McMaster-Universität in Hamilton, Ontario, und Frauke Zeller, Assistenzprofessorin an der Ryerson-Universität in Toronto. Zeller stammt aus Deutschland und hat früher an der TU Ilmenau gelehrt. "Normalerweise beschäftigt uns die Frage, ob wir (Menschen) den Robotern trauen können", sagt Zeller, "Dieses Projekt frägt: Können die Roboter den menschlichen Wesen trauen?"

Die Chance lebt. Erstens funkt der hitchBOT ja auch nach Hause und kann, solange er funktioniert und eine Mobilfunkverbindung hat, lokalisiert werden. Zweitens ist er ganz bewusst aus billigsten Teilen zusammengesetzt, um vom Materialwert her für unehrliche Zeitgenossen uninteressant zu sein. Und Drittens sind die Kanadier im Allgemeinen für ihre Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft bekannt. So ist es außerhalb der Städte durchaus nicht unüblich, Haustüren unversperrt zu lassen.

Der Google-Maps-Screenshot zeigt eine mögliche Route ohne Grenzübertritt. HitchBOT will sich Zollformalitäten und Roaminggebühren ersparen. Die tatsächliche Route ist dem Zufall überlassen.

(Bild: Screenshot Google Maps)

Vielleicht können Frank Elliott und George Scott aus dem Städtchen Amherst in Neuschottland als Vorbild dienen. Sie wagten bereits 1927 das Abenteuer, von Halifax quer durchs Land an den Pazifik zu reisen. Im Unterschied zu heute waren die Straßen unbefestigt. Doch genau wie der hitchBOT hatte ihr Ford Model T keinen Motor. Das Duo wurde 168 mal von Kraftfahrern, vier mal von Pferdegespannen und zwei mal von Mauleseln abgeschleppt. Nach drei Monaten hatten sie es geschafft. (ds)