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Hitman: "Wir können's immer noch versauen, aber das ist gut!"

Nach einem schweren Start kommt die Hitman-Serie langsam in Schwung, Chefentwickler Hannes Seifert erklärt, warum der ständige Druck letztlich zu besseren Spielen führt.

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Hitman: "Wir können's immer noch versauen, aber das ist gut!"

(Bild: IO Interactive)

Lesezeit: 4 Min.

Mit der Veröffentlichung von Hitman ging der Entwickler IO Interactive ein großes Risiko ein. Hitman wird nicht als fertiges Spiel auf Discs verkauft, sondern in Episoden, ähnlich wie die Telltale-Adventures und "Life is Strange". Als das Spiel im Frühjahr mit der ersten Folge startete, gab es gemischte Reviews. Die erste Mission war gut, aber zu kurz, um bereits einen Preis von 60 Euro zu rechtfertigen. "Spieler hatten Angst, dass wir nicht abliefern und schreckten vor dem neuen Vertriebsmodell zurück," erklärte Chef-Entwickler Hannes Seifert auf der Game Developers Conference in Köln.

Inzwischen sind vier Episoden erschienen und der anfängliche Frust einiger Fans der Serie ist einer größeren Akzeptanz gewichen. IO Interactive hat die Server-Probleme in den Griff bekommen und Feedback der ersten Episoden angenommen, um die neuen Missionen zu verbessern. So gibt es regelmäßig Live-Auftrage und Online-Wettbewerbe, in denen Spieler nur eine einzige Chance haben, eine Zielperson zu eliminieren. "Im Unterschied zu anderen Disc-Veröffentlichungen sehen wir einen stetigen Zustrom neuer Spieler, die jeden Tag neu hinzukommen. Unser Modell ist langlebiger," resümiert Seifert. Den Online-Zwang auch während der Solo-Missionen rechtfertigte er mit dem effizienten Ausschluss von Cheatern.

Spieler können entweder für 15 Euro in die erste Episode hinein schnuppern und fortan die weiteren sechs Episoden jeweils für 10 Euro kaufen. Oder sie zahlen 60 Euro auf einmal für das gesamte Spiel. "Wir müssen in jeder Episode wieder hohe Qualität abliefern, sonst brechen die Spieler einfach ab," sagt Seifert. Dieser hohe Druck in das direkte Feedback der Spieler sorge für eine bessere Motivation bei den Entwickern. Statt in berüchtigten Crunches, mit Wochenendarbeit und zahllosen Überstunden, arbeiteten sie kontinuierlicher am Spiel. "Wir können es immer noch versauen, wenn wir uns keine Mühe geben." Aber letztlich führe dieser Druck zu einem besseren Spiel, hofft Seifert.

Das Episoden-Modell sorgte für eine Polarisierung der Fan-Gemeinde. IO Interactive standen und stehen immer noch unter einem hohen Druck, die Vorteile des neuen Systems zu erläutern.

(Bild: c't)

Er sieht Hitman als Blaupause für andere etablierte Franchises, die künftig auch auf die rein digitale Distribution umschwenken. Marktführer Activision erziehle inzwischen zwei Drittel seiner Umsätze allen mit digitalen Verkäufen. "Die Marge ist bei digitalen Verkäufen doppelt so hoch wie bei Disc-Verkäufen. So können wir mehr Experimente wagen, die kleinere Fangruppen interessiert", erläutert Seifert.

Doch die alten Franchises in Serien umzuwandeln sei mit hohen Risiken verbunden. Entwickler, die IO Interactive nacheifern wollen, empfahl Seifert, nur einen Punkt (hier die Distribution) zu ändern und den Rest (bei Hitman das offene Sandbox-Spiel) intakt zu lassen. Selbst wenn man seine Produkte nur noch digital verkauft, bracht man Marketing und Vertrieb. "Statt Discs verkaufen sie Gutscheine im Einzelhandel." Das Episoden-System empfiehlt er aber nur, wenn sich das Spiel dynamisch entwickeln soll. "Wer weiterhin eine feste Form seines Spiels im Kopf hat und das Feedback der Spieler nicht in der Entwicklung berücksichtigen will, für den ergibt eine Episoden-Veröffentlichung keinen Sinn", erklärte Seifert.

Anfängliche Reviews würden schlechter ausfallen als bei komplett fertigen Spielen. "Das war bei "Life is strange" nicht anders. Nachdem es fertig war, bekam das Spiel jedoch einen Metacritic Score von 85." Hitman soll diesen toppen und sei nach dem steinigen Start auf dem Weg, in die Jahresauswahl der besten Spiele zu kommen. In drei Monaten, wenn voraussichtlich die siebte und letzte Episode fertig ist, werden Spieler wissen, ob Seifert und sein Team Wort halten können. (hag)