IDF: Systemwartung automatisch

Intel kündigt neue Komponenten für die Netzwerk-Fernwartung von Desktop-Rechnern an -- aus einem eigentlich alten Hut soll durch spezielle Chips eine vollständig automatische Lösung werden.

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Von
  • Erich Bonnert

Intel will die Netzwerk-Fernwartung von Desktop-Rechnern in Großfirmen mit einem neuen Konzept umkrempeln: Bestimmte Wartungs- und Reparaturarbeiten sollen nicht nur ferngesteuert, sondern auch vollautomatisch ablaufen.

Ob sich Systemadministratoren über solche Helfer aus Silizium freuen können, wird allerdings erst die Erfahrung mit solchermaßen ausgestatteten Systemen zeigen. Einerseits könnten die neuen Bausteine mit der Bezeichnung Intel Active Management Technology (IAMT) den IT-Abteilungen -- aber auch Einzelbenutzern -- eine Menge zeitraubendes und unangenehmes Gefrickel mit ihrem PC abnehmen. IAMT soll beispielsweise abgestürzte oder eingefrorene Systeme per Server-Anweisung neu starten. Zudem lassen sich neue Software-Versionen oder Sicherheits-Patches automatisch einspielen. Ein simpler Mausklick oder zeitgesteuerte Routinen ersparen dadurch zahlreiche manuelle Eingriffe der IT-Fachleute vor Ort. Und die Benutzer gewinnen nach den Vorstellungen von Intel wertvolle Arbeitszeit zurück, die bisher durch Systemausfälle nutzlos vergeudet oder mit nervtötenden Versuchen zur Selbsthilfe verbracht wird.

Andererseits könnten solche selbstheilenden Computer -- wenn Intels Bemühungen effektiv sind und konsequent weiter geführt werden -- einen ganzen Berufsstand gefährden. Fast ein Viertel aller IT-Ausgaben -- die sich weltweit nach Angaben von Gartner auf rund eine Billion Dollar jährlich belaufen -- geht auf das Konto des Fachpersonals. Rund 80 Milliarden davon entfallen auf den Hardware-Support, über 50 Milliarden kostet der Software-Support. Allein die Ausgaben für Sicherheit und Überwachung der Systeme steigen angeblich seit 2001 jedes Jahr um 15 Prozent. Dabei sind die Kosten durch Ausfallzeiten an anderen Arbeitsplätzen noch nicht eingerechnet. Wie viel Intel den Unternehmen mit IAMT und anderen Techniken davon ersparen will, lässt sich der Chipbauer natürlich bisher nicht entlocken. Fest steht allerdings, dass man schon bei einer bescheidenen Sparquote genug freie Budgets zum Kauf von Intel-Produkten verspricht. Firmen wie die von Intel vor zwei Jahren abgespaltene Sparte LANDesk wollen die passende Management-Software für IAMT entwickeln; so gut wie alle einschlägigen Softwarehersteller sind hier mit im Boot: Altiris, BMC, Check Point Software und Computer Associates führten auf dem IDF Lösungen für Fernbedienung, Überwachung, Diagnose und Inventarverwaltung vor, die allesamt Gebrauch von IAMT und einem Security-Modul nach TCPA-Standard (Version 1.2) machen.

Daher geht der Halbleiterkonzern gleich mit gutem Beispiel voran und führt eine IAMT-gestützte Sicherheitslösung in der eigenen IT-Abteilung ein. Alle Firmen-Notebooks werden vor dem Einbuchen in das Hausnetz automatisch auf ihre Registrierung im Inventar und ihren Besitzer überprüft, gleichzeitig auf Viren oder andere Sicherheitsrisiken durchsucht und der Software-Stand mit einem Sicherheits-Server abgeglichen. Gegebenenfalls müssen Virenenscanner aktiviert oder Patches eingespielt werden, bevor der Zugang gewährt wird. Ähnliche Sicherheitsroutinen greifen automatisch ein, wenn etwa in einen im Netz befindlichen Mobilrechner ein USB-Speicherstäbchen eingeschoben wird oder bestimmte Webseiten aufgerufen werden. In voll automatisierten Szenarien will Intel unter anderem defekte Server-Festplatten automatisch abschalten, die laufenden Rechenlasten umverteilen und Diagnose- und Korrekturprogramme aktivieren.

Mit der gemeinsam mit IBM entwickelten Alert-on-LAN-Technik und den Spezifikationen der Distributed Management Task Force (DMTF) wie Desktop Management Interface (DMI), System Management BIOS (SMBIOS), Alert Standard Format (ASF) und Intels Wired for Management (WfM) stehen allerdings schon seit Jahren Konzepte für die PC-Ferndiagnose und -wartung bereit, die auf die Senkung der laufenden Kosten für den Betrieb von Arbeitsplatzrechnern in Firmennetzen zielen -- unter dem Schlagwort "Total Cost of Ownership" (TCO) eigentlich ein alter Hut. Wesentliche Probleme bei der konsequenten Nutzung solcher Werkzeuge ist, dass die unterschiedlichen Konzepte der verschiedenen PC-Hersteller zueinander inkompatibel sind und außerdem auch nur mit bestimmten BIOS-Versionen laufen und teilweise betriebssystemspezifischen Treiber erfordern. Intels Ansatz, IAMT "in Silizium zu gießen", würde solche Nachteile überwinden und ermöglicht auch noch einen "Out-Of-Band"- (OOB-)Zugriff auf die Rechner: Damit ist gemeint, dass die IAMT-Technik auch dann noch funktioniert, wenn der Hauptprozessor hängt oder der Rechner im Standby-Modus ist.

IAMT ist Teil einer umfassenderen Initiative unter dem Etikett "Digital Office", die die Erkennung, Umgehung und Ausschaltung von Fehlerquellen erleichtern soll. Dazu gehören ebenso die LaGrande-Technik als Systemüberwachungsbaustein, Vanderpool zur Partitionierung eines Systems für mehrere Betriebssysteme sowie Silverlake, mit der mehrere virtuelle CPUs auf einem physischen Prozessor unterstützt werden sollen. Mit dem Cross Platform Manageability Program (CPMP) will Intel mehr und konsistentere Fernwartungsfunktionen auch für seine Handy- und PDA-Produkte (XScale, Personal Client Architecture PCA) und Server (Intel Server Management ISM, IPMI 2.0) anbieten.

Zum Intel Developer Forum USA Fall 2004 siehe auch:

(Erich Bonnert) / (jk)