In der Telekom-Bespitzelungsaffäre schaltet sich der Bundesinnenminister ein

Neben Verbindungsdaten soll die Telekom auch Bankdaten von Journalisten und Auchsichtsräten ausgespäht und analysiert haben, zudem sollen Bewegungsprofile mittels Handy-Verbindungsdaten erstellt worden sein.

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  • dpa

Die Bespitzelungsaffäre bei der Telekom ruft nun auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf den Plan. Für nächsten Montag hat der Minister die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Telekommunikationsanbieter nach Berlin einbestellt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Dabei soll es vor allem um den Datenschutz in Unternehmen gehen.

Laut Süddeutscher Zeitung gingen die Spähaktionen bei der Telekom nach bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft weiter als bekannt. Es sollen nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht worden sein. Zudem sollen mit einer speziellen Software Bewegungsprofile von einzelnen Personen erstellt worden sein. Über Handydaten habe man abglichen, wo diese sich aufgehalten hätten. Inhalte von Telefongesprächen sind zumindest nach den bislang vorliegenden Informationen nicht abgehört worden, auch wenn dies für die Telekom technisch einfach machbar gewesen wäre.

Die Telekom hat am vergangene Wochenende nach einer Veröffentlichung im Spiegel eingestanden, dass es beim Bonner Telefonriesen mehr als ein Jahr lang "Fälle von missbräuchlicher Nutzung von Verbindungsdaten" gegeben hat. Es soll dabei um Kontakte von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten gegangen sein, um Informationslecks aufzudecken. In der Affäre haben der ehemalige Personalvorstand Klinkhammer und ein Unternehmen, das von der Telekom mit Ermittlungen beauftragt wurde, den Ex-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke und den Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel belastet, die direkt oder indirekt die Bespitzelungen angeordnet haben sollen. Beide wiesen die Vorwürfe zurück, sie hätten nichts mit den Überwachungen zu tun. Mittlerweile gibt es zudem Berichte, dass die Telekom über die Analyse von Telefon-Verbindungsdaten hinaus einen Spitzel in die Capital-Redaktion eingeschleust haben soll. Zudem sollen die Bespitzelungen bereits 2000 begonnen haben, als Ron Sommer noch als Vorstandschef amtierte.

Am Donnerstag durchsuchte die Staatsanwaltschaft dann die Konzernzentrale der Deutschen Telekom in Bonn. Dabei nahmen die Beamten unter anderen den Ricke und Zumwinkel ins Visier. Zumwinkel war bereits Anfang des Jahres wegen des Vorwurfs der Verwicklung in die Liechtenstein-Steueraffäre als Post-Vorstandschef zurückgetreten. Neben den beiden früheren Topmanagern wird gegen sechs weitere Personen ermittelt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Vertreter der Arbeitnehmer im Telekom-Aufsichtsrat kündigten in Berlin eine Strafanzeige gegen das Unternehmen und Unbekannt an. Im Kern geht es um den Verdacht, dass die Telekom auf der Suche nach undichten Stellen Kontakte von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten ausgespäht haben soll.

Offiziell geht es um den Vorwurf der missbräuchlichen Verwendung von Daten und der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Nach Angaben des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, ver.di- Bundesvorstand Lothar Schröder, sind den Arbeitnehmervertretern die Bespitzelungs-Vorgänge erst seit wenigen Tagen bekannt.

Der ehemalige Telekom-Chef Ron Sommer bestritt am Donnerstag, über die Bespitzelung von Journalisten informiert gewesen zu sein. Das hätte er nicht geduldet, sagte er der Financial Times Deutschland. "Das gilt auch für den gesamten Vorstand und Aufsichtsrat." Sommer war zwischen 1995 und 2002 Vorstandschef der Telekom. Nach Informationen der Zeitung soll das Unternehmen bereits im Jahr 2000 den Auftrag gegeben haben, Journalisten zu bespitzeln.

Gegen Telekom-Vorstandschef René Obermann, der Ricke im November 2006 abgelöst hatte, wird nach Angaben von Behördensprecher Fred Apostel nicht ermittelt. Auch andere aktuelle Vorstandsmitglieder sind nicht Gegenstand der Ermittlungen. Dennoch gerät auch Obermann unter Druck – wegen des Umgangs mit der Affäre. Die Telekom soll seit 2007 von den früheren Bespitzelungen gewusst haben, ohne dass die Betroffenen informiert wurden.

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(dpa) / (jk)