Italien vs. Meta: Leistungsschutzrecht wird Fall für den EuGH

Der EuGH muss prüfen, ob die Befugnisse der italienischen Regulierungsbehörde rund ums Leistungsschutzrecht mit der EU-Urheberrechtsrichtlinie vereinbar sind.​

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(Bild: DesignRage/Shutterstock.com)

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Das mit der Urheberrechtsrichtlinie von 2019 EU-weit verankerte Leistungsschutzrecht für Presseverleger sorgt nicht nur in Deutschland immer wieder für massive Auseinandersetzungen. In Italien hat das für die Hauptstadtregion Latium zuständige Verwaltungsgericht (TAR Lazio) jetzt in einem Streit über die italienische Regelung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen.

Damit landet das Leistungsschutzrecht erstmals bei den Luxemburger Richtern. Konkret muss der EuGH prüfen, ob die im italienischen Recht mit dem Leistungsschutzrecht verknüpften Befugnisse für die nationale Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen (Agcom) mit der Copyright-Richtlinie vereinbar sind.

Artikel 15 des lange umstrittenen EU-Gesetzes stellt Presseveröffentlichungen im Netz prinzipiell zwei Jahre lang unter Schutz. Zuvor galten nationale Vorschriften etwa in Deutschland und Spanien weitgehend als gescheitert. "Einzelne Wörter" oder "sehr kurze Auszüge" aus einem Presseartikel dürfen frei genutzt werden.

Auch in Italien gibt vor allem Streit darüber, wie viel Geld Nutzer von Pressebeiträgen wie Google und Meta mit Facebook und Instagram Verlagen an Lizenzen zahlen müssen. Für den Fall, dass zwischen den betreffenden Parteien keine Vereinbarung zustande kommt, berechtigt das italienische Urheberrecht die Agcom dazu, die Höhe des "gerechten Ausgleichs" festsetzen.

Die Behörde hatte Anfang 2023 eine Verordnung erlassen, die Kriterien für die Bestimmung der angemessenen Vergütung festgelegt. Zu berücksichtigen sind demnach etwa die Anzahl der Online-Aufrufe der Presseveröffentlichung, die erzielten Werbeeinnahmen, sonstige ökonomischen Vorteile und die Dauer der publizistischen Aktivität. Einbezogen werden sollen auch der Marktanteil des Verlags, die Anzahl der von ihm beschäftigten Journalisten sowie die technologischen und infrastrukturellen Investitionskosten beider Seiten.

Meta legte daraufhin beim TAR Lazio Klage ein und beantragte, die Agcom-Verordnung für nichtig zu erklären. Der US-Konzern begründet dies damit, dass Artikel 15 – anders als die italienische Umsetzung – Diensteanbietern gar keine Pflicht auferlege, sich eine Lizenz für die Nutzung von Presseveröffentlichungen zu sichern. Auch eine Vergütung werde damit hinfällig. Die italienische Regelung gehe weit über die EU-Richtlinie hinaus und stelle zusätzliche Anforderungen auf, was nicht im Sinne des EU-Rechts sei.

Das italienische Gericht hat das Verfahren nun ausgesetzt (Az.: 18790/2023) und den EuGH hinzugezogen, wie der Jurist Marco Scialdone und das Fachblog IPKat berichten. Der EuGH soll demnach klären, ob Artikel 15 der Urheberrechtsrichtlinie nationalen Regeln entgegensteht, die auch Verhandlungs- und Vergütungspflichten vorsehen. Zudem will das Verwaltungsgericht wissen, ob Provider Verlegern und der Agcom die für die Bestimmung der Vergütung erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und die Sichtbarkeit von Presseartikeln bis zu einem Verhandlungsstart einzuschränken müssen.

Klären lassen will das TAR auch, ob einer Verwaltungsbehörde so weitgehende Befugnisse übertragen werden dürfen, wie dies in Italien der Fall ist. Die römischen Richter stellen zudem Fragen rund um den Schutz der Unternehmer- und Meinungsfreiheit. Dabei gehen sie auf die Klage Polens gegen Artikel 17 der Richtlinie und die damit verknüpften Upload-Filter ein. Der EuGH wies diese zwar ab, betonte aber grundsätzlich die Bedeutung des Internets für die Ausübung der Informationsfreiheit.

Das anstehende EuGH-Urteil dürfte sich auch auf Deutschland auswirken. Hierzulande fungiert das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als Schiedsstelle und soll in dieser Funktion – ähnlich wie die Agcom – mithelfen, eine angemessene Vergütung zu vereinbaren. Eine unter dessen Ägide jüngst ausgehandelte Interimsvereinbarung sieht vor, dass Google an die Verwertungsgesellschaft Corint Media vorläufig 3,2 Millionen Euro jährlich für die Nutzung von Presserzeugnissen in der Bundesrepublik zahlt. In der Hauptsache läuft die Auseinandersetzung über einen gerechten Ausgleich vor dem DPMA weiter. Kommt es zu keiner langfristigen Lösung, wären auch hierzulande die Gerichte gefragt.

(vbr)