Jeremy Rifkin: IT-Manager steuern die grüne industrielle Revolution

IT-Experten müssten sich als Produktivitätsmanager sehen, die den Energieverbrauch vernetzter Geräte reduzierten und das Smart Grid lenkten, erklärte der US-Soziologie. Sie stünden im Zentrum eines massiven ökonomischen Wandels.

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IT-Experten müssten sich künftig als Produktivitätsmanager sehen, die den Energieverbrauch vernetzter Geräte reduzierten und das Smart Grid lenkten, erklärte der US-Soziologe Jeremy Rifkin auf der Hausmesse von Cisco Systems Deutschland in Berlin. Sie stünden damit im Zentrum eines massiven ökonomischen Wandels, dessen technische Komplexität sie zu bewältigen hätten. Die Informationstechnologie selbst werde in wenigen Jahren kostenlos sein, prophezeite der Theoretiker der Zugangsgesellschaft; Geld verdiene die Branche mit IT-Services.

Jeremy Rifkin propagiert die "dritte industrielle Revolution"

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Für Rifkin sind fossile, Kohlendioxid produzierende Energien von gestern. Ihre Verbrennung treibe den Klimawandel an, der binnen der nächsten dreißig Jahre bekämpft werden müsse. Die Gesellschaft stehe am Beginn einer "dritten industriellen Revolution", die von erneuerbaren, verteilt produzierten Energien und Netzwerktechniken getrieben werde.

Der Gründer der Foundation on Economic Trends rief die auf der Cisco Expo versammelten Manager und Entwickler auf, im wahrsten Sinne des Wortes quer zu denken. Die Zukunft gehöre auch bei grünen Energien nicht zentralen Produktionsorten wie Solar- oder Windparks. Vielmehr gehe es ums laterale Anzapfen und Verknüpfen kleinster Stromerzeuger wie Sonnenkollektoren oder Windrädern auf Hausdächern oder heimischen Geothermik- und Müllverbrennungsanlagen. Schier jeder Quadratzentimeter der Erde könne genutzt werden, um Energie zu produzieren und Überschüsse ans Stromnetz zurückzuschicken. Dieses müsse dafür aber intelligent sein, also über Speicher in allen erdenklichen Ausformungen wie Batterien, Wasserpumpen, Reifen oder Kühlhäusern verfügen. Auf Logistikebene sei das Grid zudem in Transportwege wie Straßen, Schienen oder Parkplätze zu integrieren. Energie könne dabei am besten in Wasserstoff gebunden werden.

Informatikern falle dabei die Aufgabe zu, "das Nervensystem für diese neue Infrastruktur zu entwickeln". Sie müssten die an sich einfachen Komponenten und Pfeiler des Smart Grid zu einer übergreifenden Plattform verbinden. Dabei komme ihnen zugute, dass Energie sich ähnlich verhalte wie Information und das intelligente Stromnetz dem Internet gleiche. Zunächst sei durch den PC und das Online-Medium der Informationsaustausch demokratisiert worden, nun sei der Energiefaktor dran. Parallel laufe die Demokratisierung der Produktionsprozesse durch Rapid Manufacturing und den 3D-Druck, abschließend werde die Logistik der freien Steuerung durch die Massen unterworfen.

Der Vordenker zeigte sich vorsichtig optimistisch, dass die Biosphäre und die Menschheit auf diese Weise gerettet werden könnten. Deutschland sei führend beim Gestalten des neuen Paradigmas, lobte Rifkin die hiesige Politik für richtige Weichenstellungen. Dies liege aber vor allem daran, dass die anderen Länder so weit hintendran seien. Künftig sei es nötig, nicht mehr nationalpolitisch zu denken, sondern sich auf die Geopolitik und übergreifende Gemeinschaften zu konzentrieren.

Heute verstünden viele Staaten die Auflagen, Kohlendioxid zu reduzieren, noch als Strafe, führte der Berater aus. Es handle sich dabei aber um Leitplanken hin zu einem vernünftigerem Wirtschaften. In Bälde schlössen Firmen und Energieversorger Vereinbarungen zum Energiesparen in ihren gesamten Produktions- und Lieferketten ab. Darin teilten sie die Gewinne, die durch weniger Stromverbrauch entstünden. Generell sei es wichtig, rasch in die "Post-Kohlendioxid-Gesellschaft" zu wechseln. Rifkin begrüßte es daher, dass heute Schüler bereits lernten, dass jedes Produkt mit einem CO2-Abdruck verknüpft sei. (jk)