Julian Assange: Anhörung über Auslieferung beginnt

In London beginnt am Dienstag eine zweitägige Verhandlung, die über das weitere Schicksal des Wikileaks-Gründers entscheidet​. Ein Hoffnungsschimmer bleibt.

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(Bild: Londisland/Shutterstock.com)

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Von
  • Detlef Borchers

Am Dienstagmorgen beginnt das womöglich letzte britische Gerichtsverfahren über die Auslieferung des Australiers Julian Assange an die USA. Zwei Richter des Londoner High Court müssen in der auf zwei Tage angesetzten Verhandlung darüber entscheiden, ob dem WikiLeaks-Gründer noch eine weitere Berufung gegen die Auslieferungsentscheidung offen steht.

Vorausgegangen ist ein jahrelanges Tauziehen vor mehreren Gerichten. Nachdem das oberste britische Gericht eine weitere Überprüfung der Auslieferung abgelehnt hatte, wollte die damalige britische Innenministerin Priti Patel den Australier im Sommer 2022 ohne weitere Anhörungen ausliefern lassen.

Gegen diese Entscheidung hat Assange ebenfalls Beschwerde eingelegt, die vom High Court zunächst abgewiesen wurde. Mit einer erneuten Beschwerde konnten die Anwälte eine Überprüfung dieser Entscheidung in der Verhandlung vor einer anderen Kammer am Dienstag erreichen.

Wenn die Richter Assange eine erneute Berufung ermöglichen, geht das Verfahren in eine weitere Runde. Sollten die Richter die Berufung ebenfalls verwerfen, bleibt Assanges Anwälten nur noch der Weg zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser Schritt hätte keine aufschiebende Wirkung für die Auslieferung.

Assange sitzt seit vier Jahren in Untersuchungshaft im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London. Die US-Behörden werfen dem Wikileaks-Gründer Geheimnisverrat vor und betreiben seine Auslieferung aus Großbritannien, wo sich der australische Staatsbürger seit Jahren aufhält.

Assange hatte sich 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London begeben, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen, wo ihm ein Prozess wegen angeblicher sexueller Verfehlungen drohte. Die schwedischen Behörden haben ihre Vorwürfe inzwischen fallengelassen.

Nach einem Regierungswechsel in Ecuador 2019 gestattete der neue Präsident Lenin Moreno der britischen Polizei den Zutritt zur Botschaft. Assange wurde verhaftet und kam nach Belmarsh.

Seither wird in mehreren Instanzen vor Gericht über die Auslieferung von Assange an die USA verhandelt. Eine Entscheidung von 2021, Assange aufgrund seines psychischen Gesundheitszustandes nicht auszuliefern, hatte keinen Bestand. Mit Priti Patel war eine Hardlinerin neu im Amt, die Zeichen setzen wollte.

Wikileaks war zunächst durch Veröffentlichungen von Videoaufnahmen mit Kriegsverbrechen aus dem Irak-Krieg ins Visier der US-Geheimdienste geraten. Zunächst hielt sich die US-Regierung noch zurück. Präsident Barack Obama etwa begnadigte später die Whistleblowerin Chelsea Manning, die wegen der Weitergabe der Informationen an Wikileaks zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war.

Nachdem Wikileaks weitere CIA-Dokumente unter dem Codenamen "Vault 7" veröffentlicht hatte, verschärfte die US-Regierung unter Präsident Donald Trump die Gangart und eröffneten ein Verfahren gegen Assange. Der damalige Außenminister und Ex-CIA-Chef Mike Pompeo sah Wikileaks auf einer Stufe mit Terror-Organisationen wie Islamischer Staat, Al-Qaida oder Hisbollah.

Der Informant, der Wikileaks die "Vault 7"-Dokumente zugespielt hatte, wurde enttarnt und inzwischen zu 40 Jahren Haft verurteilt. Sollte Julian Assange jetzt an die USA ausgeliefert und dann verurteilt werden, droht dem 52-Jährigen ein ähnliches Strafmaß. Seine Ehefrau Stella Assange warnt, dass er dies nicht überleben wird.

Für den Dienstag haben verschiedene Organisationen, darunter Reporter ohne Grenzen und Amnesty International, zu Demonstrationen unter anderem in Berlin aufgerufen.

(vbr)