Kein Datenschutz für Kinder: Millionenstrafe für Musical.ly

Weil sie den US-Datenschutz für Kinder missachtet hatte, muss die durch TikTok ersetzte Karaoke-App Musical.ly 5,7 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.

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Kind hält sich Foto eines Mundes eines Erwachsenen vor den Mund

Die inzwischen durch TikTok ersetzte App Musical.ly ist für Lip-Sync-Videos bekannt.

(Bild: gemeinfrei)

Lesezeit: 3 Min.

Der Betreiber der Lip-Sync-App Musical.ly muss in den USA eine Strafe von 5,7 Millionen US-Dollar (5 Millionen Euro) zahlen. Die Firma hatte offenbar systematisch auf den US-Datenschutz für Kinder gepfiffen. Nach Angaben der Handelsbehörde FTC, die das Verfahren eingeleitet hat, ist es die höchste Geldstrafe für Verletzung des Gesetzes COPPA. Außerdem muss Musical.ly Daten in großem Umfang löschen, darunter alle Videos, die von Kindern hochgeladen wurden.

Das geht aus einem gerichtlichen Vergleich zwischen Musical.ly und der FTC hervor. Das US-Bundesgesetz COPPA (Children’s Online Privacy Protection) erlaubt zwar kontext-orientierte Reklame, verbietet aber Werbung, die sich am Verhalten der Kinder (Personen unter 13 Jahren) orientiert. Daher wird das Sammeln personenbezogener Daten untersagt, wenn sich damit Kind, Gerät oder Konto wiedererkennen lassen. Unter anderem ist es rechtswidrig, folgende Daten zu erheben, wenn sich eine App (auch) an Kinder richtet, sofern die Erziehungsberechtigten nicht im Voraus verifizierbar zugestimmt haben: Namen oder Usernamen, Kontaktdaten, Gerätekennzeichnungen, Adressen oder Ortsdaten auf Straßenebene, Fotos, Videos oder Tonaufnahmen des Nutzers.

"Die Betreiber von Musical.ly – inzwischen als TikTok bekannt – wussten, dass viele Kinder die App nutzten, haben aber dennoch dabei versagt, vor dem Sammeln von Namen, E-Mail-Adressen und anderen persönlichen Daten von Nutzern unter 13 Jahren die Zustimmung der Eltern einzuholen", sagte FTC-Vorsitzender Joe Simons, "Diese Rekordstrafe sollte eine Erinnerung an alle Online-Dienstleister und Webseiten sein, die sich an Kinder richten. Wir nehmen die Durchsetzung von COPPA sehr ernst, und wir werden Firmen nicht tolerieren, die das Gesetz schamlos ignorieren."

Der Musical.ly-Betreiber habe gewusst, dass ein signifikanter Prozentsatz der User unter 13 Jahre alt war. Außerdem habe es tausende Beschwerden von Eltern gegeben, hält die FTC fest. Außerdem habe das Unternehmen Daten länger gespeichert als notwendig.

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Hinzu kommt, dass Nutzerprofile automatisch öffentlich waren, sodass jeder andere User Angaben über Kinder samt Fotos und Videos sehe konnte. Selbst nach Änderung der Voreinstellung blieben Bilder und Kontaktmöglichkeit öffentlich. Die FTC verweist in diesem Zusammenhang auf Berichte, wonach Erwachsene über Musical.ly Kontakt zu Kindern gesucht haben.

2017 hat das chinesische Medien-Unternehmen Bytedance Musical.ly übernommen. 2018 mussten Musical.ly-Nutzer dann zur TikTok umziehen, einer ähnlichen App von Bytedance mit damals über einer halben Milliarden monatlicher User. Zuvor war Musical.ly 200 Millionen Mal installiert worden. US-User hatten bei Musical.ly nicht weniger als 65 Millionen Konten eingerichtet.

Das Gerichtsverfahren ist betitelt mit USA v. Musical.ly und am US-Bundesbezirksgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia unter dem Az. 2:19-cv-1439 anhängig. Das Urteil auf Grundlage des geschlossenen Vergleichs gilt als Formsache.

(ds)