Kernel-Log: Hauptentwicklungsphase von Linux 2.6.32 abgeschlossen

KMS- und 3D-Untersuchung für neuere Radeon-GPUs, Hyper-V-Treiber von Microsoft, Devtmpfs, Verbesserungen am Prozess-Scheduler und KSM ("Kernel Samepage Merging") sind einige der wichtigsten Neuerungen von Linux 2.6.32.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Mit der Veröffentlichung der ersten Vorabversion des Linux-Kernels 2.6.32 hat Linus Torvalds in der vergangenen Nacht die Hauptentwicklungsphase der nächsten Version des Hauptentwicklungszweigs von Linux abgeschlossen. Da die Kernel-Hacker in dieser Merge Window genannten Phase nahezu alle größeren Änderungen einer neuen Kernel-Version in das Quellcodeverwaltungssystem einpflegen, lässt sich an 2.6.32-rc1 bereits jetzt gut erkennen, welche wichtigen Neuerungen das Anfang Dezember erwartete Linux 2.6.32 mitbringen wird.

So nahmen die Kernel-Entwickler einige Verbesserungen am Direct Rendering Manager (DRM) des Kernels vor, der dadurch 3D-Unterstützung und Kernel-based Mode-Setting (KMS) nun auch mit Radeon-Karten der Serien 2000, 3000 und 4000 beherrscht; damit beides auch funktioniert, braucht man jedoch Entwicklerversionen von Libdrm, Mesa 3D und den Radeon-Grafiktreibern für X.org. In den für unreife Treiber gedachten Staging-Bereich zogen mehrere WLAN-Treiber sowie die kürzlich unter der GPL freigegebenen Hyper-V-Treiber von Microsoft ein. Die Verwalter des Staging-Zweigs hatte zuvor angedroht, die Treiber für den Hypervisor von Microsoft bereits bei 2.6.33 wieder aus dem Kernel zu werfen, da sich die Microsoft-Entwickler angeblich nicht mehr um den Code kümmerten – die tauchten wenig später aber wieder auf, sodass dieses Schicksal erst einmal abgewendet scheint. Einige andere unbetreute Staging-Treiber fliegen aber mit 2.6.32 raus.

Zum Kernel hinzugestoßen ist ferner die Unterstützung für Intels früher als LaGrande Technology bekannte Trusted Execution Technology (TXT); die nächste Linux-Version unterstützt zudem einige der bei Intels-CPUs mit Nehalem-Ex-Kern eingeführten Techniken zur Behandlung und Umgehung von Speicherfehlern (HWPOISON). Zahlreiche Verbesserungen gab es auch an dem für die Zuteilung von Prozessorzeit an Anwendungen zuständigen Scheduler des Kernels. Viele Änderungen modifizieren die Tracing-Infrastruktur und die noch jungen Performance Counters, die in Performance Events umbenannt wurden. Eine Überarbeitung der Writeback-Infrastruktur soll ferner den I/O-Durchsatz in SMP-Systemen steigern.

Wie erwartet ist auch KSM ("Kernel Samepage Merging") jetzt dabei, dessen Arbeitsweise in den Proceedings des diesjährigen Linux Symposium (früher Ottawa Linux Symposium/OLS) detailliert erklärt wurde. Die vergangenen zweieinhalb Wochen seit der Freigabe von Linux 2.6.31 zeigten aber auch, dass die Kernel-Hacker bei der Arbeit immer wieder für Überraschungen gut sind. So wurde etwa das gelegentlich als "Devfs 2.0" verspottete devtmpfs aufgenommen, obwohl einige bekannte Kernel-Hacker es vor und nach der Aufnahme teilweise deutlich kritisiert hatten. Die Aufnahme der Replikationslösung DRBD (Distributed Replicated Block Device) erfolgte indes nicht, obwohl sich Andrew Morton zuvor für deren Integration bei 2.6.32 ausgesprochen hatte. Daran dürfte die im Kernel-Log bereits erwähnte und am am Wochenende immer noch aktive Diskussion um das Für und Wider von DRBD wohl Mitschuld tragen.

Die genannten Neuerungen sind nur einige der wichtigsten von Linux 2.6.32. Das Kernel-Log in der c't sowie die in einigen Tagen auf heise open, nicht aber im heise Newsticker erscheinende Mini-Serie "Was 2.6.32 bringt" werden in den kommenden Wochen detailliert über die erwähnten und zahlreiche weitere wichtige Änderungen berichten. (thl)