LKW-Maut: Siemens entwickelt keine OBU-Software mehr

Auch die Belastung mit einem alltäglichen Verkehrsaufkommen scheint das deutsche Mautsystem für LKW zu bewältigen. Nach Auskunft von Toll Collect gibt es täglich rund 650.000 Buchungen im automatischen System der On Board Units (OBUs) und 110.000 Buchungen an Maut-Terminals und über das Internet. Weil der Start der abgespeckten Maut-Variante geglückt ist, beginnt beim Betreiber Toll Collect offenbar nun das Großreinemachen.

Einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge beendet Toll Collect die Zusammenarbeit mit Siemens bei der Entwicklung der nächsten Generation der On-Board-Units (OBUs). Siemens werde zwar die Geräte bauen, aber nicht länger bei der Softwareentwicklung beteiligt sein. Diese liege ab sofort nur noch in den Händen der Paderborner Firma OMP. Seit einiger Zeit hat OMP seine Homepage bereits mit einer Erfolgsgeschichte der Erfahrungen im Bereich Verkehrstelematik ausgestaltet.

Die OBU-Software der nächsten Generation soll wesentlich leistungsfähiger werden. Sie soll das variable Road Pricing unterstützen, bei dem beispielsweise Maut-Zuschläge in Stoßzeiten erhoben werden können oder -- sollte das Sonntagsfahrverbot von der EU gekippt werden -- Feiertagszuschläge, die LKW von den Autobahnen abhalten. Außerdem soll die in den OBU hinterlegte Straßenkarte dynamisch erweiterbar sein, wenn etwa Bundesstraßen als Ausweichstrecken bemautet werden sollen.

Auf einer Pressekonferenz im Februar 2004 hatte Toll Collect Siemens noch als Entwickler von Hard- und Software für die volle Maut-Version genannt. Die Financial Times Deutschland berichtet nun, dass Siemens und OMP im Wettbewerb standen und Siemens die Planziele nicht habe einhalten können.

Bei Siemens wurde das Ende der Zusammenarbeit bestätigt, doch zugleich dementiert, dass man in der Entwicklung eine Rolle gespielt habe. Man habe nur Hilfestellung gegeben. Neben der Produktion der nächsten Generation der OBUs ist Siemens mit der Produktion des digitalen Tachographens beschäftigt, der ab dem 5. August 2005 zum Einbau in Neufahrzeugen gesetzlich vorgeschrieben ist.

Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:

• Ausführliche Informationen zum aktuellen Stand des Toll-Collect-Systems bringt c't in der aktuellen Ausgabe: Nun doch ein Vorzeigeprojekt, Das LKW-Mautsystem soll zum Exportschlager werden, c't 2/05, S. 68

• Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
• Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
• Vor 10 Jahren: Autobahnmaut mit GSM und GPS

• Härtetest bestanden
• Ohne Guthaben, ohne OBU
• Kennzeichen-Auswertung im Huckepack?
• Landstraßen im Visier
• Der Start ist gelungen
• Zur Kasse bitte
• Ein Ticket für Stolpe
• Kontrolle von Anfang an
• Sperrminorität gegen einheitliche EU-Maut erfolgreich
• Tanz um den Schadensersatz
• Münchner Grüne wollen City-Maut mit RFID-Technologie
• Für PKW-Maut nur bedingt geeignet
• Stolpe kündigt Toll Collect
• LKW-Maut oder Maut für alle
• Mautsystem in Österreich lief ohne Probleme an
• Die europäische Perspektive

(Detlef Borchers) / (jk)