Linkspartei fordert werbefreie öffentlich-rechtliche Sender

Die Fraktion der Linken im Bundestag will einer "zunehmenden Selbstkommerzialisierung" von ARD und ZDF durch eine Konkretisierung des Programmauftrags entgegenwirken, während die Debatte um die künftige Rundfunkgebühr andauert.

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Die Fraktion der Linken im Bundestag will einer "zunehmenden Selbstkommerzialisierung" von ARD und ZDF entgegenwirken. Gemäß einem Antrag (PDF-Datei) der Oppositionspartei soll sich die Bundesregierung daher gegenüber den in der Medienpolitik führenden Bundesländern für eine entsprechende Konkretisierung des Programmauftrags einsetzen. Dabei seien insbesondere die Begriffe Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung inhaltlich zu präzisieren, wie es prinzipiell auch die EU-Kommission gefordert hat. Zugleich fordert die Linke, künftig alle digitalen und analogen Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender werbefrei zu halten. Nur so lasse sich die Akzeptanz der Gebührenfinanzierung langfristig sicherstellen.

Generell meinen die Linken, dass das klassische Fernsehen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor neuen Herausforderungen aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung stehen. Um diesen gerecht werden zu können, dürften ARD und ZDF keine formalen Beschränkungen in der Wahl der zu erbringenden digitalen Angebote auferlegt werden. Die Schaffung neuer digitaler Aktivitäten müsse allerdings im Rahmen der vorhandenen Budgets erfolgen oder durch Einsparungen in anderen Bereichen getragen werden. Die Frage, inwieweit sich die Öffentlich-Rechtlichen in den neuen Medien ausbreiten dürfen, ist derzeit Gegenstand heftiger Diskussionen.

Für Programmangebote via Internet, Mobilfunk oder weitere neuartige Kommunikationstechnologien empfehlen die Linken eine genaue Adressierung und liebäugeln so mit einer teilweisen TV-Grundverschlüsselung. Eine Nutzung solle hier nur nach einer Registrierung möglich sein. Dabei sei aber darauf zu achten, dass die zuständige Kontrollstelle "keinerlei Aufzeichnungen von Nutzungsverhalten" vornehme. Der digitale Rundfunkempfang öffentlich-rechtlicher Sender über terrestrische Techniken wie DVB-T solle dagegen weiterhin unverschlüsselt erfolgen. Zugleich setzt sich die Fraktion für offene Standards bei elektronischen Programmführern und Navigationssystemen ein. In diesen sei zudem der diskriminierungsfreie Zugang und die Auffindbarkeit der Öffentlich-Rechtlichen zu gewährleisten.

Im Streit um ein neues Modell für die Finanzierung von ARD und ZDF stehen die Linken Forderungen nach einer haushaltsbezogenen Mediengebühr der Grünen oder etwas anders gestrickten Bestrebungen der Liberalen skeptisch gegenüber. Sie plädieren zunächst allein dafür, dass für PCs, Mobiltelefone und weitere neuartige Empfangsgeräte generell keine Rundfunkgebühren erhoben und die entsprechenden Regelungen gestrichen werden.

Die Regierungschefs der Länder haben vergangene Woche entschieden, nur noch zwei Finanzierungsmöglichkeiten von ARD und ZDF weiter zu prüfen. Varianten wie Kopfpauschalen oder eine Steuerfinanzierung sind damit aus dem Rennen. Die neue Gebühr muss nach Darstellung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch so einfach sein, dass Prüfungen durch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) kaum noch nötig sind. Bei einer Abgabe für Haushalte statt wie bisher für Geräte sei unter anderem zu klären, was einen Haushalt darstelle.

Aus Sicht von Medienexperten der FDP-Bundestagsfraktion wie Hans-Joachim Otto oder Christoph Waitz sind die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz in Sachen Rundfunkgebühren aber "ernüchternd". Nach jahrelangem Ignorieren der Schwierigkeiten werde eine Reform erneut verschoben. Die Einengung der zu prüfenden Modelle auf die Haushaltsabgabe und das Festhalten am jetzigen, gerätebezogenen Gebührensystem mit neuen Erweiterungen gehe an der Problematik völlig vorbei. Beide Modelle würden "die wachsenden Struktur- und Akzeptanzprobleme bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" nicht nachhaltig lösen. So würden etwa die Außenprüfer der GEZ nötig bleiben. Eine allgemeine Medienabgabe erscheint den Liberalen dagegen nach wie vor das vorteilhafteste System. Bei anderen Modellen sollten die Abgeordneten der Landtage notfalls nicht den Beschlüssen der Ministerpräsidenten folgen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte zuvor jedes Gebührensystem abgelehnt, das zu einer zusätzlichen Belastung der Haushalte führen würde. "Eines der wesentlichen Ziele für die Neuordnung muss die Gebührengerechtigkeit sein", erklärte Vorstandsmitglied Gerd Billen. Bisher sei noch gar kein Modell vorgestellt worden, das "nachweislich zu einem unbürokratischen und gerechteren Gebühreneinzug" beitrage. Generell stellt der Verband die Rundfunkgebührenpflicht nicht in Frage. Bei den Zahlungen handele es sich um einen Solidarbeitrag der Gesellschaft zur Finanzierung der "Gesamtveranstaltung Rundfunk". Dazu gehöre auch eine angemessene Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für ein qualitativ hochwertiges Programmangebot. (Stefan Krempl) / (pmz)