Linksteuer: Kanada gibt es billiger, damit Google News weiterläuft

Kanada reduziert seine neue Linksteuer deutlich, woraufhin Google weiterhin auf Nachrichten verlinken wird.​

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Maple Leaf Flag im Wind flatternd

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Kanadas Regierung hat sich bei der neuen Linksteuer ("Online News Act") herunterhandeln lassen. Statt 175 Millionen kanadischer Dollar im Jahr soll Google nur noch etwa 100 Millionen Dollar (rund 67 Millionen Euro) zahlen, um in Kanada Hyperlinks zu in- und ausländischen Nachrichtenseiten veröffentlichen zu dürfen. Davon wird noch der Wert unbarer Leistungen wie Software, Kurse und diverse Online-Ressourcen abgezogen, die Google kanadischen Medienunternehmen bereitstellt. Details bleiben einem Vertrag vorbehalten, den die Medienbranche mit Google aushandeln muss.

Im Gegenzug wird Google in Kanada sein Angebot Google News nicht einstellen und auch in seinen allgemeinen Suchergebnissen Nachrichtenseiten nicht auslisten. Die Zahlungen fließen voraussichtlich in erster Linie an die großen Telecom-Konzerne Kanadas sowie den öffentlichen Rundfunk CBC/Radio-Canada.

Der Online News Act wurde im Juni verabschiedet; nach Erlass notwendiger Ausführungsverordnungen soll das Gesetz noch vor Weihnachten in Kraft treten. Es erlegt Meta Platforms und Google Zahlungspflichten auf, wenn sie den Zugriff auf Nachrichten fördern – selbst wenn es sich nur um einen Link auf eine Paywall handelt. Ein Recht auf die Wiedergabe der Nachrichteninhalte selbst wäre mit der Zahlung nicht verbunden.

In Kanada ist das umstrittene Gesetz als C-18 oder schlicht Link Tax bekannt. Die kanadische Regierung hat sich vorgestellt, dass die beiden Konzerne etwa 30 Prozent der gesamten Kosten für die Erstellung von Nachrichteninhalten in Kanada bestreiten werden. Weit über 300 Millionen kanadische Dollar sollten jährlich hereinkommen.

Diese Rechnung geht nicht auf. Meta Platforms blockiert in Kanada Links auf Nachrichtenseiten bereits und will das nicht ändern. Auch Google wollte in Kanada keine Links zu Nachrichtenseiten mehr anbieten. Nach Verabschiedung des Gesetzes im Juni hat Google sein Filtersystem an einem kleinen Prozentsatz kanadischer User getestet.

Daraufhin ruderte jene Lobbyorganisation, die den Online News Act betrieben hatte, wieder zurück, schließlich verschafft Google den Nachrichtenwebseiten wertvollen Traffic. Und tatsächlich hat die Regierung nun die Grundpfeiler des Gesetzes umgestoßen. Die Zahlungspflicht soll sich nicht mehr an den Links, sondern an Googles Umsatz orientieren, und diverse andere Leistungen werden angerechnet. Zudem erhält Google einen saftigen Preisnachlass, damit es sein Angebot nicht wenige Monate vor der nächsten Parlamentswahl in Kanada einschränkt.

Im Ergebnis spielt die Linksteuer nicht einmal ein Drittel der erwarteten Einnahmen ein. Die Mehreinnahmen sind noch geringer, da Google schon bisher jährlich Millionen an kanadische Medienverlage gezahlt hat, beispielsweise um kostenpflichtige Inhalte im Google News Showcase frei anzeigen zu dürfen. Diese Verträge hat Google aufgrund des Online News Acts gekündigt.

In der politischen Diskussion Kanadas verweisen Regierungsvertreter stets auf den Personalabbau im Journalismus im Allgemeinen und das Sterben lokaler Zeitungen im Besonderen. Das mit dem Online News Act eingenommene Geld sollte diese Situation lindern. Allerdings verriet eine Aufstellung des unabhängigen Budgetbüros (PBO) des kanadischen Parlaments, dass drei Viertel der Einnahmen aus der Linksteuer an Rundfunkbetreiber fließen sollten. Und das sind in Kanada in erster Linie die großen Telecom-Konzerne, die nicht am Hungertuch nagen. In zweiter Linie ist das die staatliche CBC (Canadian Broadcasting Corporation samt dem französischsprachigen Radio-Canada). Nur ein Viertel der Einnahmen bliebe demnach für andere Onlinemedien sowie Zeitungen und Zeitschriften übrig.

Außerdem hat Google durchgesetzt, dass es nicht mit jedem Anspruchsberechtigten verhandeln muss, sondern nur mit einer einzigen Stelle, berichtet die CBC. Das spart beiden Seiten Millionen. Kanadische Medienbetreiber, die mitnaschen wollen, müssen sich jetzt also zusammentun und einen gemeinsamen Vertreter für diese Vertragsverhandlungen bestimmen. Das wird noch ein Gerangel geben, zumal sich die Medienbetreiber auch auf einen Aufteilungsschlüssel verständigen müssen. Möglich wäre beispielsweise, auf Einschaltquote und Auflage abzustellen, oder auf die Zahl der beschäftigten Journalisten. Ersteres würde Lokalmedien wenig bringen, letzteres wäre ein erheblicher Nachteil für freischaffende Journalisten.

Gerüchteweise überlegt die Regierung noch, die CBC von der Verteilung auszuschließen. Dann bliebe mehr Geld für die übrigen Medienbetreiber.

Meta macht keine Anstalten, auf Facebook und Instagram in Kanada wieder Verweise auf Nachrichteninhalte zuzulassen oder auch nur mit der kanadischen Regierung zu verhandeln. Der Datenkonzern verweist darauf, im Unterschied zu Google nicht aktiv das Internet abzugrasen, um Nutzern Links präsentieren zu können. Vielmehr stellt es Plattformen bereit, auf denen Dritte entscheiden, was sie dort einstellen. Dafür möchte Meta nicht auch noch bezahlen, zumal es nicht im finanziellen Interesse des Unternehmens ist, seine User zu fremden Webseiten zu schicken.

(ds)