Luftverkehr: Vor allem Kondensstreifen erwärmen das Klima

An der von Menschen verursachten Klimaerwärmung ist die Luftfahrt zu 3,5 Prozent beteiligt, haben Wissenschaftler mit neuer Metrik errechnet.

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Luftverkehr trägt 3,5 Prozent zum menschengemachten Klimwandel bei
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Die Luftfahrt trägt zu 3,5 Prozent an der von Menschen gemachten Klimaerwärmung bei. Das hat eine Studie unter der Leitung der Manchester Metropolitan University ergeben, an der auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist. Etwa ein Drittel der Klimawirkung des Luftverkehrs entfalle dabei auf CO2-Emissionen und zwei Drittel auf Nicht-CO2-Effekte. Bei Letzteren seien Kondensstreifen und daraus resultierende Kondensstreifen-Zirren der bedeutendste Faktor, sie machen über 50 Prozent der gesamten Auswirkungen der Luftfahrt auf das Klima aus. Die Studie ist im Journal Atmospheric Environment erschienen.

Mit einer neuen ERF-Metrik haben die Forscher herausgefunden, dass der Einfluss der Kondensstreifen-Zirren den größten Beitrag des Luftverkehrs zur Klimawirkung beisteuert, erklärte Prof. Robert Sausen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. Kondensstreifen-Zirren reflektieren Sonnenstrahlen in den Weltraum und kühlen. Sie verringern aber auch die Wärmeabstrahlung der Erde und erwärmen das Klima. "Im globalen Mittel dominiert der erwärmende Effekt", erläutert Prof. Sausen.

Kondensstreifen sind Wassermoleküle, die sich an ausgestoßene Rußteilchen anlagern. Bei niedrigen Temperaturen in großer Höhe gefrieren sie sofort zu Eiskristallen, die dann zu Zirruswolken werden. Im Gegensatz zu den Auswirkungen der mit einigen Stunden vergleichsweise kurzlebigen Kondensstreifen-Zirren halte die Wirkung von CO2 auf das Klima über viele Jahrhunderte an. Dabei verteilt sich das Gas über die lange Zeit global weitgehend gleichmäßig.

In der Geschichte der Luftfahrtbranche, die die Wissenschaftler von 1940 bis 2018 untersuchen, habe sie insgesamt 32,6 Milliarden Tonnen CO2 emittiert, heißt es weiter. Das seien geschätzt etwa 1,5 Prozent der gesamten menschlichen CO2-Emissionen. "Ungefähr die Hälfte des gesamten kumulativen CO2-Ausstoßes wurde allein in den letzten 20 Jahren erzeugt." Das liege vor allem an der Menge der Flüge, der Routen und an den Flottengrößen, insbesondere in Asien.

Die Studie ist die erste ihrer Art seit 2009. Dabei wurden die Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima mit einer neuen Metrik berechnet. Die Forscherinnen und Forscher bewerten dabei alle Faktoren, die die Luftfahrtindustrie seit ihrem Entstehen zum Klimawandel beigetragen hat, einschließlich der Emissionen von CO2, Stickoxiden (NOx) sowie der Wirkung von Kondensstreifen. Ebenso eingeflossen sind weitere klimarelevante Emissionen wie Wasserdampf, Ruß, Aerosol- und Sulfat-Aerosolpartikel, die sich in den Abgasfahnen von Flugzeugtriebwerken finden.

"Die neue Metrik wird als "effektiver Strahlungsantrieb" (effective radiative forcing, ERF) bezeichnet und stellt die Zunahme oder Abnahme des Gleichgewichts zwischen der von der Sonne kommenden Energie und der von der Erde emittierten Energie seit der Zeit vor der Industrialisierung dar", erläutert das DLR. Damit werde das "Strahlungsbudget der Erdatmosphäre" in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. "Dabei werden erstmals auch Wirkungen räumlich inhomogener Effekte in den Berechnungen berücksichtigt, wie beispielsweise das global unterschiedlich verteilte Auftreten und Wirken von Kondensstreifen-Zirren in Abhängigkeit von Flugverkehr und Wetterbedingungen." (anw)