Machtkampf bei deutscher KI-Hoffnung Nyonic? Vier Gründer gehen​

KI aus Europa für die europäische Industrie wollte man beim Berliner Start-up Nyonic entwickeln. Nun sind laut einem Bericht vier der fünf Gründer gegangen.

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AI-Kopf

(Bild: photoschmidt/ Shutterstock.com)

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Das Berliner KI-Startup Nyonic, das KI-Modelle gemäß europäischer Regularien schaffen wollte, ist offenbar schwer ins Trudeln geraten: Laut einem Bericht des Handelsblatts haben vier der fünf Gründer das Unternehmen verlassen. Auf Anfrage der ix-Redaktion nahmen bislang weder Nyonic noch die Gründer Stellung, was zu der Trennung geführt habe. Einem Eintrag im Handelsregister zufolge wird nur noch der KI-Forscher und Seriengründer Dong Han als Geschäftsführer der Berliner GmbH geführt. Die ehemalige Leiterin des KI-Bundesverbands Vanessa Cann sowie der KI-Forscher Professor Hans Uszkoreit wurden als Geschäftsführer gestrichen.

Nur noch einer vom einstmaligen Nyonic-Gründerteam übrig (von links): Hans Uszkoreit, Feiyu Xu, Vanessa Cann, Johannes Otterbach und Dong Han,

(Bild: Nyonic)

Ebenfalls haben dem Handelsblatt-Bericht nach Feiyu Xu, die vom Leitungsposten der weltweiten KI-Entwicklung bei SAP als Chief Innovation Officer zu Nyonic gewechselt war, sowie der für technische Entwicklung verantwortliche KI-Forscher Johannes Otterbach das Start-up verlassen. Anlass für den Gründerexodus sei ein Streit über die strategische Ausrichtung des Unternehmens gewesen. Der verbliebene Gründer Dong Han wolle das Start-up nun stark auf den chinesischen Markt ausrichten.

Ursprünglich war Nyonic im vergangenen Jahr mit der Vision von KI-Modellen mit Industrie-Fokus aus europäischer Hand an die Öffentlichkeit getreten. Vom Entstehungsprozess bis zur Auslieferung sollte alles den ethischen und rechtlichen Anforderungen in der Europäischen Union entsprechen – und dem Gedanken digitaler Souveränität Rechnung tragen. Ein KI-Basismodell sollte eigentlich im ersten Quartal des Jahres präsentiert werden, Lenovo Capital investierte im Sommer einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag in die Firma. Bereits vor Nyonic hatten sich die vier ausgeschiedenen Mitgründer auch in der Initiave LEAM (Large European AI Models) für die Unabhängigkeit Europas in Sachen KI starkgemacht.

Diesen Europakurs soll Dong Han intern allerdings "torpediert" haben, schreibt das Handelsblatt unter Berufung auf Insider. Neben der deutschen GmbH gebe es unter dem Dach der Holding-Gesellschaft auch noch eine chinesische Schwesterfirma. Dong Han habe versucht, das "Ruder nach China rumzureißen", "Stimmung gegen Mitglieder im deutschen Team gemacht“ und es sei auch "wenig finanzielle Ausstattung" in Europa angekommen. Inwieweit die vier ausgeschiedenen Mitgründer überhaupt Zugriff auf das eingesammelte Kapital hatten, blieb offen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Nyonic Kritik durch seine Unternehmensstruktur auf sich gezogen. Hundertprozentiger Anteilsinhaber der deutschen GmbH ist den Berichten nach die Holding-Gesellschaft Reinvent AI Co. Ltd. auf dem Steuerparadies Cayman Islands. Vanessa Cann hatte aber bestritten, dass dahinter Steuersparmodelle stünden, und das Konstrukt mit gesteigerter Attraktivität für globale Investoren begründet.

Wie es für Nyonic weitergeht, ist noch offen. Allerdings scheint eine große Zukunft in Deutschland zweifelhaft – laut Handelsblatt hat das Start-up bereits sein Büro auf dem Merantix AI Campus in Berlin gekündigt.

(axk)