Megafusion in der US-Telekombranche vor dem Scheitern

Die geplante Fusion der amerikanischen Telekommunikationsriesen WorldCom und Sprint steht auf Grund von Bedenken der Wettbewerbshüter kurz vor dem Scheitern.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die geplante Fusion der amerikanischen Telekommunikationsriesen WorldCom und Sprint steht kurz vor dem Scheitern. Die Unternehmen werden nach einem Bericht der Washington Post vom heutigen Dienstag wahrscheinlich ihren Fusions-Antrag wegen des Widerstands der Kartellbehörden in den USA und der EU zurückziehen. Sprecher der Unternehmen nahmen zu dem Bericht bislang offiziell keine Stellung.

Die Brüsseler EU-Kommission hat weiterhin schwer wiegende Wettbewerbsbedenken und könnte den Zusammenschluss der Superlative deshalb verbieten, verlautete aus Kommissionskreisen in Brüssel. Ein Beschluss könnte möglicherweise schon am morgigen Mittwoch fallen. Die Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti sagte lediglich: "Es ist möglich, dass es morgen eine Entscheidung gibt." In Brüssel hielten es Kommissionsexperten aber für durchaus möglich, dass die Unternehmen ihre Fusionsanmeldung kurzfristig wieder zurückziehen, wenn sie ein Verbot der Kommission befürchten. Der Zusammenschluss müsste in einem solchen Fall in ganz neuer Form wieder in Brüssel angemeldet werden. Monti hatte zu Wochenbeginn in Washington gesagt, der Zusammenschluss könne in seiner derzeit geplanten Form nicht genehmigt werden. Die fusionierte Gesellschaft hätte eine zu starke Kontrolle über den globalen Ferngesprächsmarkt und den Internetverkehr in Europa.

Brüssel muss bis 12. Juli eine Wettbewerbsentscheidung treffen. Von Zugeständnissen in letzter Minute war in der EU-Kommission nichts bekannt. Der kurzfristige Rückzug einer Fusionsanmeldung ist in Brüssel nichts Ungewöhnliches: Erst im März nahmen die Aluminiumkonzerne Alcan und Pechiney vor einem drohenden Verbot Brüssels von ihrer geplanten Fusion Abstand. Seit Beginn der Brüsseler Fusionskontrolle 1990 sind ein Dutzend Zusammenschlüsse regelrecht verboten worden; der letzte Fall war Volvo/Scania.

Das US-Justizministerium plane nach Angaben informierter Kreise eine Klage gegen die Fusion, berichtete die Washington Post außerdem. Die beiden beteiligten Firmen hoffen demnach, einen neuen Fusionsvorschlag ausarbeiten zu können, der bessere Chancen hat. Sie hatten in den letzten Tagen schon erwogen, das Fernsprech- und Internet-Kommunikationsnetz von Sprint aus der Fusion herauszulösen und zu verkaufen. Der Wert dieser Geschäftssparten wird auf 45 bis 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Sie seien aber zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht in ihrem besten geschäftlichen Interesse liege.

Bei der Transaktion würde die rasant expandierende WorldCom-Gruppe Sprint für 129 Milliarden US-Dollar kaufen. Das US-Justizministerium macht sich vor allem Sorge über die Macht, die eine fusionierte Sprint-WorldCom im US- Ferngesprächsmarkt bekommen würde. AT&T ist dort Branchenführer, doch hatte WorldCom 1997 bereits die zweitgrößte Ferngesprächsgesellschaft MCI geschluckt und will jetzt mit Sprint auch die drittgrößte Ferngesprächs-Firma übernehmen. Hauptziel von WorldCom bei der geplanten Sprint-Übernahme war deren riesiges US-Mobilfunknetz. WorldCom hat bisher kein Mobilfunknetz und benötigt es dringend, um ebenso wie andere große Telekomkonzerne seinen Kunden gebündelte Telefon-, Internet- und Mobilfunkdienste anbieten zu können.

Beobachter hatten bereits erwartet, dass sich europäische Telefongesellschaften, allen voran die Deutsche Telekom und France Telecom, die beide bislang noch nicht im Telekommunikationsmarkt der USA Fuß gefasst haben, für das Festnetz-Geschäft von Sprint interessieren werden, wenn Woldcom durch dessen Verkauf den Kartellwächtern entgegenkommen will. Die Deutsche Telekom hatte schon im letzten Jahr versucht, Sprint zu übernehmen; damals machte aber Worldcom das bessere Angebot. (jk)