Meta möchte COVID-Lügen wieder zulassen

Bestimmte Desinformation zu Covid-19 ist auf Facebook und Instagram verboten. Betreiber Meta Platforms bereitet Änderungen vor.

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Meta-Logo, Icons von Meta-Marken

(Bild: mundissima/Shutterstock.com)

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80 bestimmte unwahre Behauptungen über Covid-19 und -Impfungen sind auf Facebook und Instagram nicht gestattet. Seit Einführung des Verbots von Coronavirus-Falschinformation auf Facebook und Instagram hat der Betreiber Meta Platforms nach eigenen Angaben mehr als 25 Millionen Beiträge gelöscht. Jetzt will das Management das Verbot wieder abschaffen. Dazu ersucht es das Meta Oversight Board um Rat.

Der Oversight Board ist ein von Meta eingerichtetes, unabhängiges Gremium, das ausgewählte Streitfälle zwischen dem Konzern und seinen Nutzern überprüft und auch für Meta bindende Entscheidungen zu Zensurfragen fällt. Außerdem kann der 2020 eingerichtete Rat nicht-bindende Meinungen zu Metas Nutzungsbedingungen äußern. In diesen zweiten Bereich fällt die am Dienstag übermittelte Anfrage des Meta-Managements.

"Meta bittet das Oversight Board um Rat dazu, ob Maßnahme gegen gefährliche Covid-19-Desinformationen, die unter außergewöhnlichen Umständen zum Ausbruch der Pandemie eingeführt wurden, in Kraft bleiben sollen", teilt Facebooks "Außenminister" Nick Clegg in einem Blogpost mit. Solche Desinformation berge einzigartige Risken für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit.

Einerseits sei Meta "fundamental der freien Rede verpflichtet", andererseits berge manche Desinformation unmittelbare Gefahr körperlicher Schäden. Diesen Widerspruch aufzulösen, sei nicht einfach, insbesondere bei neuen und sich rasch weiterentwickelnden Herausforderungen wie in einer Pandemie. "Daher suchen wir den Rat des Oversight Board in diesem Fall", schreibt Clegg, "Seine Beratung wird uns helfen, auf zukünftige Notfälle der öffentlichen Gesundheit zu reagieren."

Als Alternative zu Löschungen bringt er die gebremste Verbreitung einschlägiger Inhalte (demoting) oder das Anbringen von Warnhinweisen (labeling) vor. Beim Oversight Board dürfte das Management damit offene Türen einlaufen. Das legt eine der ersten Zensurentscheidungen des Oversight Board nahe.

Es hat Anfang 2021 entschieden, dass Facebook ein Video aus Frankreich wieder online stellen muss, obwohl das Video fälschlich behauptet, es gäbe eine Covid-19 heilende Medikamentenkombination mit Hydroxychloroquin. Das Oversight Board erkannt in der Heilslüge keine "unmittelbare" Gefahr, weil die genannten Medikamente in Frankreich verschreibungspflichtig sind und das Video nicht zu ihrer Einnahme auffordere (2020-006-FB-FBR). Außerdem habe Facebook im Verfahren nicht dargelegt, warum es keine milderen Mittel als die Löschung des Videos gewählt habe, etwa einen Warnhinweis – genau das, was Meta jetzt ins Spiel bringt.

Den damaligen Fall hatte nicht etwa der betroffene Uploader der falschen Behauptungen vorgebracht, sondern Meta selbst, weil es "Klarheit" schaffen wollte. Das Oversight Board kritisierte damals Metas Vorschriften über Falschinformation und unmittelbare Gefahren als vage und als mit den Menschenrechten unvereinbar. Es trug Meta unter anderem auf, einheitliche und deutlichere Vorschriften über medizinische Falschinformation abzufassen und weniger gravierende Eingriffe als Löschungen zu erarbeiten. Tatsächlich erarbeitete Meta in der Folge die Liste konkret verbotener COVID-Lügen; jetzt geht der Konzern daran, sich überhaupt auf weniger deutliche Eingriffe als Löschungen zurückzuziehen.

(ds)