Microsoft: "Ein guter Start in ein wichtiges Jahr"

Der Jubilar Bill Gates wird mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf sein Baby schauen, nachdem es die Bilanzen für das erste Quartal des Geschäftsjahrs vorgestellt hat.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bill Gates wird an seinem 50. Geburtstag mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf sein Baby blicken: Die Bilanzen für das erste Quartal von Microsofts Geschäftsjahr 2006, die der Konzern turnusgemäß am Abend vor des Mitgründers Geburtstag vorlegte, zeigten weiteres Wachstum, die Börse scheint aber nicht so recht zufrieden zu sein.

Der Umsatz von Microsoft kletterte im Jahresvergleich im 6 Prozent auf 9,74 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn stieg von 2,53 Milliarden auf 3,14 Milliarden US-Dollar (29 US-Cent pro Aktie). Der operative Gewinn des Konzerns stieg um 16 Prozent auf 4,05 Milliarden US-Dollar – darin enthalten sind bereits Belastungen für dieses erste Quartal in Höhe von 361 Millionen US-Dollar für die Beilegung von Rechststreitigkeiten mit RealNetworks. Diese Belastung wirkte sich beim Nettogewinn mit 2 US-Cent pro Aktie aus. Erwartet hatte Microsoft selbst einen Gewinn zwischen 29 und 31 Cents pro Aktie und einen Umsatz zwischen 9,7 und 9,8 Milliarden US-Dollar prognostiziert, die Börse hatte mit einem Gewinn von 30 US-Cent pro Aktie und einem Umsatz von 9,78 Milliarden US-Dollar gerechnet.

In letzter Zeit ergab sich für Microsoft zudem eine ganz neue Konkurrenzsituation, und zwar einmal wieder im Internet, oder vielmehr an dem virtuellen Ort, für den sich langsam der Begriff Web 2.0 einbürgert. Microsoft rangelt unter anderem mit Yahoo und Google um die Vorherrschaft über die Inhalte und Dienstleistungen im Internet, die ganz neue Geschäftsfelder erschließen sollen. Und Bill Gates bezeichnete gerade erst Google, Sony und Nokia als momentan schärfste Konkurrenten. Da bleibt noch viel zu tun, um die Abhängigkeit von gewohnten Geschäftsfeldern durch Erfolge in neuen Bereichen aufzuheben.

Man müsse halt ständig innovativ sein, meinte auch Microsoft-Chef Steve Ballmer vor kurzem erst – und erklärte, Microsoft werde gegen Google und Yahoo das Internet erobern. Dies passierte aber nicht alles in diesem ersten Quartal – diese Periode ist für Microsoft regelmäßig im Saison-Rhythmus eher ruhig, und der Konzern verspricht erst für die kommenden Monate entscheidende Neuerungen, die das Geschäft auf die nächsten Rekordhöhen heben sollen: Xbox 360 und SQL-Server beispielsweise in diesem, Windows Vista dann im kommenden Jahr.

So dümpelte denn auch der Börsenkurs von Microsoft, den viele Beobachter im Vergleich zu den seit vielen Quartalen vorgelegten Zahlen eigentlich eh für zu niedrig halten, im normalen Handel vor sich hin, mal leicht im Plus, mal leicht im Minus. Die nicht erfüllten Erwartungen und das auch im ersten Quartal feststellbare Hinterherhinken in Bereichen wie MSN oder Xbox, die der Konzern selbst immer als wichtig für seine Zukunft bezeichnet, führten sogar zu einer harschen Reaktion zu Beginn des nachbörslichen Handels: Nach Bekanntwerden der Microsoft-Bilanz fiel der Kurs zeitweise um über 3 Prozent.

Microsofts neuer Finanzchef Chris Liddell, bei seiner zweite Vorstellung einer Bilanz des Softwarekonzerns, gab sich aber bewusst optimistisch: "Wir haben einen guten Start in ein wichtiges Jahr für die Firma gehabt." Liddell kündigte auch eine Bechleunigung des Aktienrückkaufprogramms von Microsoft an: Die laut dem bisherigen Plan noch verbleibenden 19 Milliarden US-Dollar, die für Aktienrückkäufe eingesetzt werden sollen, will Microsoft nun bereits bis Dezember 2006 ausgegeben und damit das Rückkaufprogramm zwei Mal schneller als geplant abgeschlossen haben. Und im nächsten Quartal soll es dann wieder richtig zur Sache gehen: Die Prognosen Microsofts belaufen sich für das zweite Quartal auf einen Umsatz zwischen 11,9 und 12,0 Milliarden US-Dollar, der Gewinn soll zwischen 32 und 33 US-Cent pro Aktie liegen. Für das Gesamtjahr rechnet Microsoft mit einem Umsatz von 43,7 bis 44,5 Milliarden US-Dollar und einem Gewinn von 1,26 bis 1,30 US-Dollar. Aber auch diese Prognosen liegen unter den Erwartungen, die die Börse bereits formuliert hatte ...

Mit der neuen Konzernstruktur werden sich auch neue Angaben über die Geschäfte der einzelnen Sparten ergeben. Für das erste Quartal bleibt in den Bilanzen aber noch alles beim Alten: Der Bereich Client (alle Windows-Betriebssysteme für Desktop-Rechner) steigerte den Umsatz im Jahresvergleich von 2,979 auf 3,191 Milliarden US-Dollar, den operativen Gewinn von 2,401 auf 2,576 Milliarden US-Dollar. Bei Server & Tools, zuständig unter anderem für Windows Server 2003, Exchange und Entwicklungswerkzeuge, kletterte der Umsatz von 2,242 auf 2,531 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn von 699 auf 896 Millionen US-Dollar. Bei MSN, künftig mit den beiden genannten Sparten in einem Geschäftsbereich zusammengefasst, gab es einen leichten Umsatzanstieg von 559 auf 564 Millionen US-Dollar, ebenso beim operativen Gewinn (von 80 auf 83 Millionen US-Dollar).

Die Microsoft Business Division besteht künftig aus der ehemaligen, etwa für Office zuständigen Sparte Information Worker, die im zweiten Quartal ein Umsatzplus von 2,570 auf 2,675 Milliarden US-Dollar erreichte; hier stieg der operative Gewinn 1,908 auf 1,934 Milliarden US-Dollar. Zusätzlich gehört zu der neuen Division die bisherige Sparte Microsoft Business Solutions (Navision, Great Plains) – der nicht so recht vom Fleck kommende Bereich konnte immerhin den Umsatz von 156 auf 181 Millionen US-Dollar steigern und den operativen Verlust von 31 auf 12 Millionen US-Dollar senken.

In Microsofts Entertainment & Devices Division sind künftig die zwei Bereiche Home and Entertainment und Mobile and Embedded Devices der bislang sieben Microsoft-Sparten zusammengefasst. Im ersten Quartal musste Home and Entertainment, unter anderem für die Xbox und die PC-Spiele verantwortlich, einen Umsatzrückgang von 634 auf 525 Millionen US-Dollar hinnehmen. Die Verluste der Sparte stiegen von 138 auf 141 Millionen US-Dollar. Diese Bilanz will Microsoft mit Erscheinen der Xbox 360 allerdings grundlegend ändern. Bei Mobile and Embedded Devices sieht Microsoft dagegen langsam Land: Der Umsatz im zweiten Quartal kletterte im Jahresvergleich von 49 auf 74 Millionen US-Dollar, der operative Verlust sank von 29 auf 2 Millionen US-Dollar.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.)
2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell