Münchner Stadtrat stellt sich hinter Linux-Migration

Mit der Rückendeckung der rot-grünen Mehrheit kann das LiMux-Projekt nun auf Basis eines Rechtsgutachtens zur Klärung der Gefährdung durch Softwarepatente weitergeführt werden.

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Das Münchner LiMux-Projekt genießt weiter die Unterstützung des Stadtrats der bayerischen Hauptstadt. Gestern wurden in dem Kommunalgremium mehrere Anträge verhandelt, in denen es um die potenzielle Gefährdung der Linux-Migration der IT-Landschaft der Münchner Verwaltung durch Softwarepatente geht. Sie waren von den Grünen und der CSU eingebracht worden. Auf der Basis eines Rechtsgutachtens hat der Stadtrat in seiner Sitzung am gestrigen Mittwoch nun mit rot-grüner Mehrheit beschlossen, den Kurswechsel hin zu Linux uneingeschränkt wie geplant fortzuführen.

Wie aus dem LiMux-Projektbüro zu erfahren war, erfolgte die Abstimmung nicht einstimmig. Die CSU-Fraktion im Stadtrat hält demnach ihre Bedenken gegenüber der großflächigen Abkehr von Microsofts Windows-Welt aufrecht. Eine der Kernaussagen des Rechtsgutachtens der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Frohwitter ist, dass die Risiken durch Softwarepatente bei dem geplanten Open-Source-Großprojekt nicht größer sind als bei einer Lösung mit nicht frei verfügbarem Quellcode. Die komplette Analyse soll in einer Woche nach dem Ablauf einer Einspruchsfrist gegenüber dem Senatsbeschluss auf der Website der Stadt München verfügbar gemacht werden.

In der gestrigen Stadtratssitzung hatten die IT-Verantwortlichen der Kommune die Sachlage in Anbetracht der im Raum stehenden Richtlinie zur "Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen" aus Brüssel zunächst geschildert, bevor die rot-grünen Abgeordneten ihr Placet zum Weitermachen gaben. Zu einer langen Diskussion über die mögliche Gefahr durch die Legalisierung bereits vom Europäischen Patentamt erteilter Softwarepatente über den Umweg der umstrittenen Brüsseler Richtlinie kam es nicht. Aus dem Gutachten selbst geht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verwicklung der Landeshauptstadt München in einen Patentverletzungsprozess "prinzipiell gering einzustufen" sei, die Möglichkeit einer Patentverletzung könne aber nicht ausgeschlossen werden. Die von den Grünen und der CSU zunächst befürchteten hohen finanziellen Risiken aufgrund der mit Softwarepatenten verbundenen Monopolrechte bestünden nicht.

Die Mehrheit der Stadtväter unterstützt in ihrem Beschluss dennoch die von Oberbürgermeister Christian Ude ausgegebene "Münchner Linie", die von der Bundesregierung Rechtssicherheit rund um Linux und dementsprechend klare Formulierungen in der Brüsseler Richtlinie fordert. Problematisch sehen die Münchner nach wie vor den Umgang mit so genannten Trivialpatenten sowie die Aufrechterhaltung interoperabler und offener Standards in den Bereichen Datenformate und Übertragungsprotokolle. Sie drängen in diesem Zusammenhang beispielsweise auf eine genauere Fassung des für die Patentierbarkeit von Computercode erforderlichen "technischen Beitrags" von Erfindungen.

Mit dem Stadtratsbeschluss endet die Diskussion um die Unterbrechung des LiMux-Projekts, das die alarmierenden Anträge der Grünen Anfang August ausgelöst hatten. Der vorübergehende Stopp von Ausschreibungen für die Migration hatte zu einer heftigen Debatte auch um die Softwarepatent-Haltung der Bundesregierung angesichts der Brüsseler Neuausrichtung der EU-Politik zum Schutz "computer-implementierter Erfindungen" geführt. (Stefan Krempl) / (anw)