Musikindustrie macht erneut deutschen Streaming-Manipulationsdienst dicht

SP-Onlinepromotion.com ist nach einer Abmahnung durch Vertreter von Plattenlabels offline. Der Service soll künstlich Streams, Likes und Abos generiert haben.

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(Bild: Blanscape/Shutterstock.com)

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Die Musikindustrie feiert einen weiteren juristischen Erfolg im Kampf gegen Streaming-Manipulationsdienste. Man habe mit einer Abmahnung erreicht, dass der Service SP-Onlinepromotion.com vom Netz gegangen sei, erklärten der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) und die internationale Dachorganisation IFPI am Montag gemeinsam. Der Aachener Betreiber der Webseite habe sich durch eine Unterlassungserklärung verpflichtet, nicht mehr auf dem Markt aktiv zu sein. Unter der Domain findet sich aktuell die Nachricht: "Vielen Dank für Ihr Interesse!" Das bisherige Angebot "steht nicht mehr zur Verfügung".

Dem BVMI zufolge war SP-Onlinepromotion ein viel genutzter Dienst, um "künstlich generierte Likes, Plays/Views, Kommentare und Abonnenten" ("Fake Streams") auf Spotify, SoundCloud und YouTube zu verkaufen. Der Service habe es Kunden ermöglicht, "die tatsächlichen Streaming-Abrufzahlen in rechtswidriger Art und Weise zu manipulieren und dadurch den Wettbewerb zu verzerren". Derartige Betrugsversuche sind für die Branche ein zunehmendes Problem. Experten monieren seit Längerem, dass Streamings illegal en bloc gekauft oder mittels sogenannter "Klick-Maschinen" automatisch generiert werden, was auch ein falsches Bild von der hiesigen Musikkultur erzeuge.

"Streaming-Manipulation hat in der Musik keinen Platz", betonte IFPI-Chefin Frances Moore. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Täter und Unterstützer solcher illegalen Aktivitäten Einnahmen von Künstlern abzögen, "deren Musik von den Fans tatsächlich gehört wird". Oberstes Gebot für den Verband und seine Mitglieder sei "ein ordnungsgemäß funktionierender Streaming-Markt", unterstrich auch der BVMI-Vorstandsvorsitzende Florian Drücke. Verzerrung und Manipulation schadeten den Künstlern ebenso wie ihren Partnern. Sie gefährdeten die Genauigkeit der Tantiemenzahlungen und stellten die Glaubwürdigkeit der Charts infrage: "Wir gehen deshalb bekanntlich seit mehreren Jahren konsequent und erfolgreich auch gerichtlich gegen wettbewerbswidrige Beeinflussungen des Marktes vor und werden hier auch nicht lockerlassen."

BVMI und IFPI sprechen angesichts des Vorgehens gegen den Promotion-Dienst vom "jüngsten in einer Reihe von Verfahren, die die Branche weltweit gegen Manipulationsdienste führt". In Deutschland habe man etwa 2021 in einem Eilverfahren vor dem Landgericht Frankfurt erreicht, dass dem Betreiber der Webseiten likeservice24.de und likeservice24.com die Erzeugung zusätzlicher Plays, Views, Likes und Abonnenten für Musik auf kommerziellen Online-Media-Plattformen als Dienstleistung untersagt wurde. Vergleichbare Entscheidungen hatten die Landgerichte Berlin, Darmstadt, Bremen, Hamburg und Köln im August 2020 getroffen: Die Betreiber von socialnow.de, socialgeiz.de, likergeiz.de, netlikes.de sowie von likesandmore.de mussten ihre Services einstellen. Im März 2020 hatten beide Verbände schon eine Unterlassungsverfügung gegen followerschmiede.de erwirkt. Auch in Ländern wie Brasilien haben sie nach Eigenaussage erfolgreich Maßnahmen ergriffen.

Manager, Musikverlage und Anwälte von erfolgreichen Musik-Stars wie Helene Fischer, Marius Müller-Westernhagen, Sarah Connor, Herbert Grönemeyer, Peter Maffay, Robin Schulz und Andreas Bourani starteten hierzulande im Februar 2020 eine Initiative, um die dank Audiostreaming wieder stärker sprudelnden Einnahmequellen gerechter unter den Künstlern aufzuteilen. Die Allianz macht sich unter dem Motto "Fair Share" dafür stark, die übliche anteilige Abrechnung durch ein nutzungsbasiertes System zu ersetzen. Bei dem alternativen Modell ist die Zahl der Hörer entscheidend, nicht die der Streams. Die Mitstreiter erhoffen sich dadurch auch einen Ansatzpunkt, um Manipulationen aufzudecken und zu unterbinden.

(olb)