NASA wartet weiter auf neuen Chef

Seit Januar werden die Geschäfte der US-Raumfahrtbehörde NASA nur kommissarisch geführt, dabei wäre eine starke Führung jetzt besonders wichtig - etwa bei der Frage, wie es mit dem geplanten Ausstieg aus dem Space-Shuttle-Programm weitergeht.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Erster Start eines Space Shuttle im April 1981

(Bild: NASA)

Zu den wichtigen Führungspositionen, die der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, bislang nicht besetzt hat, gehört die Leitung der US-Raumfahrtbehörde NASA. Michael Griffin, der im Jahr 2005 von George W. Bush als 11. Chef der National Aeronautics and Space Administration vorgeschlagen und später von Vizepräsident Dick Cheney vereidigt worden war, ist den Posten seit der Amtseinführung Obamas Mitte Januar los. Da auch Stellvertreterin Shana Dale im Januar aus dem NASA-Dienst ausschied, führt Chefingenieur Christopher Scolese die Geschäfte der NASA derzeit kommissarisch – auf einen klaren Kurs lässt sich die 20-Milliarden-Dollar-Behörde so allerdings nicht trimmen.

Dabei wäre ein klarer Kurs gerade jetzt besonders wichtig. Denn ganz oben auf der To-do-Liste der NASA steht weiterhin die Frage, wie die USA den Zeitraum zwischen der geplanten Einmottung der Space-Shuttle-Flotte und dem ersten Flug der neuen Orion-Kapsel aus dem Constellation-Programm im Jahr 2015 überbrücken wollen. Eigentlich war zunächst vorgesehen, dass das im April 1981 gestartete Shuttle-Programm mit einem letzten Flug der Endeavour-Raumfähre im Mai 2010 beendet wird. Die Versorgung der Internationalen Raumstation (ISS) sollten anschließend die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) und Progress-Raumtransporter der Russen übernehmen.

Im Verlauf des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs überraschte Bush dann aber mit einer Aufstockung des NASA-Etats für das Jahr 2009 um 15 Prozent auf knapp über 20 Milliarden Dollar, was Planungen für einen zusätzlichen Flug zur ISS mit dem sogenannten Alpha Magnetic Spectrometer (AMS-02) an Bord erlauben sollte. Der AMS-02-Teilchendetektor, der von Wissenschaftlern aus mehr als einem Dutzend Ländern entwickelt wurde, soll auf der ISS drei Jahre lang die Zusammensetzung der kosmischen Höhenstrahlung vermessen. Mit der Aufnahme eines zusätzlichen ISS-Fluges würde sich das geplante Aus der Space-Shuttle-Flotte zeitlich nach hinten verschieben – gleichzeitig steigt aber auch das Risiko.

Ex-NASA-Chef Griffin hatte bei einer Anhörung im US-Senat im April 2008 erklärt, dass bei Verlängerung des Shuttle-Programms um fünf Jahre theoretisch mit einem Totalverlust bei zwölf Starts gerechnet werden müsse. Im "National Aeronautics and Space Administration Authorization Act of 2008" ist aber nicht nur ein zusätzlicher Shuttle-Flug verankert, festgehalten wurde auch, dass die Raumfahrtbehörde keine Maßnahmen ergreifen darf, die eine "Fortführung sicherer und erfolgreicher Space-Shuttle-Flüge über das Fiskaljahr 2010 hinaus" verhindern könnten, sollte ein neuer Präsident in Washington eine Verschiebung des Ausstiegs aus dem Shuttle-Programm anordnen.

Da sich bereits jetzt abzeichnet, dass zwei der noch ausstehenden Shuttle-Flüge voraussichtlich erst nach Ende des Fiskaljahres 2010 (das am 30. September endet) durchgeführt werden können, die Finanzierung eines zusätzlichen Fluges trotz Etat-Aufstockung bislang nicht gewährleistet ist, und für das Fiskaljahr 2011 gar keine Gelder mehr für Shuttle-Flüge vorgesehen sind, hängen die NASA-Manager sprichwörtlich in der Luft. Deshalb werden sie noch in dieser Woche tagen, um Lösungen für einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden. "Unser Schicksal müssen wir jetzt selbst in die Hand nehmen", betont der Chef des Shuttle-Programms, John Shannon, in einer Mitteilung an NASA-Kollegen, die CBS News vorliegt.

"Wir können nicht weiter Geld für die Aufrechterhaltung einer Option zusätzlicher Shuttle-Flüge ausgeben, nur in der Hoffnung, dass vielleicht irgendjemand erkennt, welche nationalen Werte wir dabei sind, zu verlieren", verdeutlicht Shannon. In das gleiche Horn stößt auch ein namentlich nicht genannter NASA-Manager, den CNet zitiert: "Wenn wir etwas erreichen können, dann durch eine hundertprozentige Konzentration auf die restlichen Flüge, aber bitte keine Doppelgleisigkeit mehr." Präsident Obama muss sich bald konkret zum Thema Space-Shuttle-Programm äußern, da Ende des Monats der NASA-Authorization-Act ausläuft – und vielleicht wartet er dann ja auch mit einem neuen Chef der US-Raumfahrtbehörde auf. (pmz)