Nach verheerender Datenpanne: Nordirlands Polizeichef zurückgetreten

In Nordirland hat sich die Sicherheitslage nach einer Datenpanne verschlechtert. Auch deshalb wurde der Polizeichef jetzt erfolgreich zum Rücktritt gedrängt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 10 Kommentare lesen
Polizist in Belfast

(Bild: Min Jing/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Einen Monat nach einem verheerenden Datenleck ist Nordirlands Polizeichef kurz vor einer Befragung dazu im britischen Parlament zurückgetreten. Das berichtet die Irish Times und erklärt, dass aber wohl nicht der Datenskandal ausschlaggebend war. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat demnach die Weigerung von Simon Byrne, ein Gerichtsurteil zu akzeptieren, laut dem der Police Service of Northern Ireland (PSNI) zwei Polizisten unrechtmäßig diszipliniert hat. Trotzdem überschattet die Datenpanne vieles in Nordirland, nach Ansicht eines Experten hat sie die Sicherheitslage merklich verschlechtert. Byrne hatte einen Rücktritt noch vor dem Wochenende abgelehnt.

Anfang August hatte der PSNI eingestanden, in einer Antwort auf eine Informationsfreiheitsanfrage versehentlich die Nachnamen, Initialen und den Arbeitsplatz aller aktuellen Polizisten und Polizistinnen sowie zivilen Angestellten veröffentlicht zu haben. Dabei geht es um rund 10.000 Personen, für die das unter Umständen schwerwiegende Folgen haben kann, denn nach wie vor gibt es in dem britischen Landesteil Spannungen. Erst im Frühjahr war dort die Terrorismusbedrohungsstufe nach einer Zunahme von Anschlägen von "substanziell" auf "ernsthaft" erhöht worden. Im Februar ein hochrangiger Inspektor von Maskierten mehrfach angeschossen worden.

Dank der angeblich auch abgegriffenen Daten ist es für militante Anhänger einer Wiedervereinigung mit Irland einfacher, Beamte und Beschäftigte der Polizei zu identifizieren und anzugreifen, meint Richard English von der Queen's University in Belfast. "Das Sammeln von Informationen ist wesentlicher Bestandteil der Terrorplanung, und diese Aufgabe wurde erleichtert", zitiert die dpa den Autoren eines Buchs über die Terrororganisation IRA. Die Moral innerhalb der Polizei sei untergraben und das Vertrauen in die Behörde erheblich geschwächt. Zwar sei die öffentliche Unterstützung für militante Gruppen abgenommen, aber tödliche Gewalt sei weiterhin möglich.

Bei der fehlerhaft beantworteten Informationsfreiheitsanfrage war es lediglich um eine Aufschlüsselung aller Dienstgrade und Besoldungsgruppen in der Polizei gegangen. In der Antwort war aber nicht nur eine Tabelle mit der Anzahl aller Personen enthalten, die in den jeweiligen Positionen arbeiten, sondern eine weitere Tabelle mit den Details zu allen Individuen. Für etwa anderthalb Stunden war diese Datei öffentlich einsehbar. Wegen des Lecks und anderer Kontroversen waren die Forderungen nach einem Rücktritt Byrnes immer lauter geworden, die zweitgrößte Fraktion im Regionalparlament beantragte gar ein Misstrauensvotum. Am Montag beugte sich der Polizeichef schließlich.

(mho)