Netzneutralität: Die FCC steigt wieder in den Ring

Unter Donald Trump hat sich die US-Regulierungsbehörde FCC von der Internetregulierung verabschiedet. Nun haben Demokraten eine Mehrheit.​

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Ethernet-Stecker

(Bild: alexskopje/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.

Die US-Regulierungsbehörde FCC könnte sich bald wieder dem Internet zuwenden. Das würde der Behörde ermöglichen, die Netzneutralität wieder US-weit einzuführen. Zusätzlich wären Maßnahmen für Verbraucherschutz, Datenschutz, Netzsicherheit und Netzverlässlichkeit möglich. Eine entsprechende Abstimmung ist für 25. April anberaumt. 2017, im ersten Jahr der Amtszeit Donald Trumps, hat die FCC nicht nur die nach jahrelangen Verfahren beschlossene Netzneutralität wieder abgeschafft, sondern sich überhaupt ihrer Regulierungsgewalt über das Internet beraubt ("Title II").

Damals hatten Republikaner eine 3:2 Mehrheit in der FCC (Federal Communications Commission), und die Abstimmung kurz vor Weihnachten 2017 verlief auch entsprechend der Parteizugehörigkeit. Nach dem Amtsantritt Joe Bidens von der Partei der Demokraten sollte auch die Mehrheit in der FCC zu den Demokraten wechseln, doch blockierten Republikaner die längste Zeit die Besetzung des fünften Commissioner-Postens, womit es ein 2:2-Patt gab. Erst seit Oktober hat die FCC wieder fünf Mitglieder, davon drei Demokraten.

Vorsitzende Jessica Rosenworcel von den Demokraten hat ihren vier Kollegen nun einen Entwurf für Beschlüsse übermittelt, mit denen die FCC ihre Regulierungszuständigkeit für Internet Service Provider (ISP) am 25. April reaktivieren würde. Alles andere als eine Abstimmung mit 3:2 Stimmen für diese Beschlüsse wäre eine Überraschung. Öffentlich machen möchte Rosenworcel die juristischen Details am Donnerstag.

Im Kern geht es wohl um die Einstufung ISP. Seit Ende 2017 gelten sie in den USA nicht mehr als Telecom-Anbieter, sondern als "Informationsdienste". Diesen kann die FCC nur wenig vorschreiben. Damit sind neben der Netzneutralität auch die Datenschutzvorschriften sowie die Aufsicht über Zusammenschaltungen zwischen Providern sowie über den Zugang zu Infrastruktur, beispielsweise zu Strommasten zur Montage von Leitungen oder Antennen, weggefallen. Durch eine Wiedereinstufung von ISP als Telecom-Anbieter kann sich die FCC die Möglichkeit geben, wieder solche Vorschriften zu erlassen.

Unstrittig ist, dass die 2015 beschlossenen drei Gebote der Netzneutralität legal waren. Das ist ausjudiziert. Allerdings sollen US-Bundesbehörden ihre Regulierung nur dann ändern, wenn sich an der zugrunde liegenden Situation etwas geändert hat. Das könnte ein juristischer Angriffspunkt sein, wenn die FCC am 25. April sich ihre Zuständigkeit zurückholt.

Die Demokraten werden den Schritt also gut begründen müssen. Rosenworcel verweist auf die Coronavirus-Pandemie: "Die Pandemie hat ein für alle Mal gezeigt, dass Breitband essenziell ist." Durch den Rückzug aus der ISP-Regulierung habe sich die FCC selbst gefesselt was die Absicherung der Breitbandnetze, Verbraucherschutz sowie die Sicherung eines schnellen, offenen und fairen Internet anbelangt.

Die Demokratische FCC-Vorsitzende Jessica Rosenworcel verficht die Netzneutralität.

Zusätzlich untermauert ein Gerichtsurteil das Comeback der FCC: Das US-Bundesberufungsgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia hat 2019 rechtskräftig festgestellt, dass der Rückzug der FCC aus der ISP-Regulierung zulässig war, aber gleichzeitig mehrere Mängel bei der Aufhebung der Netzneutralität festgestellt. Der damals von den Republikanern getragene Beschluss hat sich demnach nicht ausreichend mit den Ergebnissen einer öffentlichen Konsultation befasst, hat die Auswirkungen auf den Bau von Breitbandnetzen nicht berücksichtigt, und sich nicht mit den Folgen für die öffentliche Sicherheit befasst, obwohl diese zu den Kernzielen der Behörde gehört.

Für diesen Bereich kündigt Rosenworcel ebenfalls Maßnahmen an. Während die FCC bereits bestimmte ausländische Telefonie-Anbieter unter Verweis auf die nationale Sicherheit vom US-Markt ausgeschlossen hat, kann sie das derzeit bei Breitbandnetzen nicht tun. Auch kann die FCC derzeit keine Vorgaben für IT-Sicherheit bei ISPs machen. Nicht einmal Daten über Netzausfälle darf die FCC anfordern. Mit der Reklassifizierung von ISPs als Telecom-Anbieter wäre all das wieder möglich. Zusätzlich könnte die FCC dagegen vorgehen, dass ISP die Daten ihrer Kunden, beispielsweise über deren Aufenthaltsorte oder welche Webseiten sie aufrufen, verkaufen.

Der politisch größte Aufreger ist allerdings zweifelsohne die Netzneutralität. Darum wird in den USA seit vielen Jahren gekämpft. Vereinfacht gesagt sind Verbraucherschützer und Demokraten-Politiker dafür, die großen Zugangsprovider und Republikaner dagegen, doch haben auch einige republikanische Senatoren für die Netzneutralität gestimmt. Denn bei der US-Bevölkerung wäre Netzneutralität extrem beliebt, auf beiden Seiten des politischen Spektrums.

Nach dem Rückzug der FCC hat ein Dutzend US-Staaten eigene Regeln für Netzneutralität aufgestellt, die allerdings unterschiedlich strikt sind. Kalifornien hat sich eng an die ehemaligen drei Gebote der Netzneutralität gehalten. Republikaner haben zwar versucht, Bundesstaaten zu verbieten, eigene Regeln aufzustellen. Doch diese Klausel wurde vom Gericht als rechtswidrig aufgehoben. Nur wenn die FCC selbst landesweit Netzneutralität vorschreibt, dürfen Bundesstaaten selbst nicht tätig werden.

(ds)