Netzwirtschaft und Opposition gegen Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung

Internetwirtschaft und Opposition kritisieren den Vorstoß von SPD-Chef Sigmar Gabriel, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Dagegen stehen führende Sozialdemokraten hinter dem Vizekanzler.

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Vorratsdaten

Die Koalition will einen neuen Anlauf zur Speicherung von Verbindungsdaten zu Ermittlungszwecken wagen.

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Die Ansage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dass Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maiziére (CDU) mit einem neuen Gesetzentwurf für die Vorratsdatenspeicherung zu Potte kommen sollen, stößt in der Internetwirtschaft auf Widerstand. Nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei umstritten, ob und wie die Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten überhaupt noch möglich sei, erklärte Oliver Süme, Vorstand Politik und Recht des Providerverbands eco, gegenüber heise online.

In der EU schaffe momentan ein Mitgliedsstaat nach dem anderen ­ zuletzt die Niederlande und Bulgarien ­ die Vorratsdatenspeicherung ab, sagte Süme weiter. Man unterstütze daher Maas in seiner Haltung, dass auch der Wiedereinführung in Deutschland die rechtliche Grundlage entzogen sei. Der Verband lehne die Vorratsdatenspeicherung nach wie vor "aus grundsätzlichen Erwägungen" ab. Sie sei ein Instrument, "dessen unbelegter Nutzen für die Strafverfolgung in keinem Verhältnis zum damit verbundenen Eingriff in die Grundrechte der Bürger sowie den zu erwartenden Kosten für die Internetwirtschaft" stehe.

Dem kann sich der Bundesverband IT-Mittelstand anschließen. Bestehende Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung seien von Gerichten in Luxemburg und Karlsruhe verworfen worden, betonte Verbandpräsident Oliver Grün gegenüber heise online. Die Maßnahme belaste "die deutsche IT-Wirtschaft und hilft nicht wirklich". Ein Alleingang Deutschlands wäre hier wie beim IT-Sicherheitsgesetz "das völlig falsche Signal". Bitkom-Präsident Dieter Kempf hatte Gabriel dagegen den Rücken gestärkt: Eine ausgewogene Vorratsdatenspeicherung gefährde nicht die bürgerliche Freiheit.

Jan Korte, Fraktionsvize der Linken, tat Gabriels Vorstoß als Wunsch ab, "sich auch innenpolitisch auf Dauer in der großen Koalition einzurichten". Nach Kortes Auffassung ist die Vorratsdatenspeicherung "tot". Eine verfassungsgemäße Auferstehung werde es nicht geben. "Die SPD treibt den Raubbau an den Bürgerrechten weiter mit voran", warnte der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz. Vizekanzler Gabriel unterwerfe sich den Hardlinern in der Union. Scharfe Kritik übt auch der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner. Die Vorratsdatenspeicherung helfe nicht bei der Verbrechensprävention, sondern stelle alle Bürger völlig unverhältnismäßig unter Generalverdacht.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat sich für Gespräche offen gezeigt und von einem "Auftrag" gesprochen, der noch in der ersten Jahreshälfte ausgeführt werden solle. Die Einführung einer nationalen Regelung möchte Fahimi an Bedingungen geknüpft wissen: So müssten die Speicherfristen kürzer als sechs Monate sein, Zugriff dürfe nur bei schweren Straftaten erlaubt werden und nicht für zivilrechtliche Zwecke. Nötig seien auch ein klarer Richtervorbehalt und die "Herausnahme" von Berufsgeheimnisträgern wie Abgeordneten, Ärzten, Seelsorgern oder Journalisten.

(vbr)