Neue Proteste gegen Pläne zur kanadischen Urheberrechtsreform

Open-Source-Vereinigungen, Entwickler und Juristen monieren, dass der Gesetzesentwurf der kanadischen Regierung zur Copyright-Novelle Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) sanktionieren will.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Open-Source-Vereinigungen, Entwickler, Forscher und Juristen monieren, dass der aktuelle Gesetzesentwurf der kanadischen Regierung zur Copyright-Novelle Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) auf der Basis falscher Voraussetzungen sanktionieren will. Wie hierzulande mit der ersten umstrittenen Stufe der Urheberrechtsreform oder in den USA mit dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) sollen mit dem Vorhaben zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) umgesetzt werden. Dabei geht es insbesondere um die Einführung eines Verbots der Umgehung von technischen Kopierschutzmaßnahmen und der Entfernung digitaler Wasserzeichen.

Die internationalen Vereinbarungen sind Kritikern zufolge jedoch ohne Zutun Kanadas und somit ohne Anhörung einheimischer Künstler und der Zivilgesellschaft als ganzer verabschiedet worden. Kanada ist den WIPO-Abkommen erst mehrere Jahre nach deren Entstehung 1997 beigetreten.

Der Entwurf für das umkämpfte Gesetz "C-61" sieht in den Paragraphen 40 und 41 umfangreiche Bestimmungen für den rechtlichen Schutz von DRM-Systemen vor, obwohl diese sich längst vor allem in der Musikindustrie als Verkaufshemmnis erster Güte herausgestellt haben. Die Umgehung technischer Kopierschutzverfahren soll mit bis zu 20.000 kanadischer Dollar bestraft werden können. Das Papier sieht zwar einige Ausnahmeregelungen etwa für Kryptographieforscher oder Behinderte vor. Auch die Herstellung von Interoperabiltät zwischen unterschiedlichen Abspielgeräten soll erlaubt werden – allerdings immer unter der Einschränkung, dass damit keine Copyrights verletzt würden.

Gemäß dem Entwurf sollen Filesharer zudem beim Download geschützter Werke mit 500, beim Hochladen mit bis zu 20.000 kanadischen Dollar bestraft werden. Zudem soll es nur noch legal sein, kleine Ausschnitte aus Fernsehsendungen oder Spielfilmen aufzunehmen. Der Aufbau umfangreicher Sammlungen aufgezeichneten TV-Materials soll verboten werden.

Internetrechtler wie Michael Geist von der Universität Ottawa führen in ihren Blogs einmal mehr die Absurditäten des Vorhabens auf. Um eine legale private Kopie eines über iTunes gekauften Songs zu erhalten, müsse man diesen demnach erst auf eine CD brennen und das so gewonnene Format dann wieder in sein Musikarchiv einführen zu können. Eine Umwandlung von Titeln einer CD sowohl in ein verlustfreies Format als auch etwa in MP3 sei zudem nicht rechtmäßig, da nur "eine Kopie pro Gerät" erlaubt werde. Seit zwei Wochen beleuchtet Geist schier täglich neu solche Ungereimtheiten und Hindernisse für Verbraucher, die mit dem Vorhaben erwachsen könnten.

Auch die Canadian Software Innovation Alliance (CSIA) hat sich in die Proteste eingereiht, welche die Urheberrechtsform Ende vergangenen Jahres schon einmal zumindest vorläufig stoppen konnten. "Die Geschichte solcher Gesetze in anderen Ländern zeigt, dass sie Inhalte nicht schützen, aber eine Hürde für den Wettbewerb und die Innovation" darstellen, beklagt Bob Young vom CSIA-Mitglied Lulu.com. Der Gründer des Linux-Distributors Red Hat ist sich sicher: "Der Effekt dieser Gesetze ist es, legitime Nutzungsvorgänge durch rechtstreue Unternehmen und Bürger zu behindern." Die Open-Source-Koalition hat ihre Forderungen für die Copyright-Reform in einem Weißbuch (PDF-Datei) zusammengefasst. Darin betont sie unter anderem, dass freie Software wie Decoder für Linux mit dem Projekt nicht kriminalisiert werden dürften.

Auch Ken Clark, Anwalt für Immaterialgüterrechte in einer Kanzlei in Toronto, hält den geplanten Schutz für DRM-Systeme für teilweise fehlgeleitet. Die Ausweitung des Urheberrechtsschutzes für darbietende Künstler auch aufs Internet sei zwar unterstützenswert. Andererseits seien die Verbraucherrechte in Form der "Fair use"-Bestimmungen sehr knapp ausgefallen. Mira Sundara-Rajan, Copyright-Professorin an der University of British Columbia, fürchtet derweil "ernsthafte Bedrohungen für die Privatsphäre mit dieser Gesetzgebung". So sei unklar, wie die Rechteindustrie Verbrauchern Verstöße gegen das Copyright und die geplanten DRM-Sanktionen nachweisen wolle, ohne Datenschutzbestimmungen zu unterlaufen. (Stefan Krempl) / (jk)