Neuer BND-Präsident Kahl nach Affären unter Reformdruck

Umstrittene Abhöraktionen und die Zusammenarbeit mit den USA haben den Bundesnachrichtendienst in einen Affärenstrudel gezogen. Ein neuer Chef und ein neues Gesetz sollen die Wende bringen. Dabei legalisiert das Gesetz vorher stark umstrittene Maßnahmen.

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BND

(Bild: dpa, Soeren Stache)

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Begleitet von Reformforderungen und Kritik nach den jüngsten Abhöraffären stellt sich der neue BND-Präsident Bruno Kahl der Öffentlichkeit und den Bundestags-Geheimdienstkontrolleuren vor. Es wird erwartet, dass sich der 53-jährige Spitzenbeamte an diesem Mittwoch bei seiner Amtseinführung im Kanzleramt erstmals in Anwesenheit von Journalisten zur Zukunft des deutschen Auslandsnachrichtendienstes äußert. Am Nachmittag wird Kahl zu einer Vorstellungsrunde im parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste in Berlin erwartet.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die Grünen kritisierten den BND-Gesetzentwurf des Kanzleramts, mit dem Kontrolle und Arbeit des Dienstes auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden soll, als verfassungsrechtlich bedenklich. Der Verband der Internetwirtschaft eco sprach gar von einem "Freifahrtschein für die Komplettüberwachung des Internets". Der Gesetzentwurf komme einer "richtigen Wunschliste" des Auslandsgeheimdienstes gleich, mit der dieser das praktizieren dürfte, "was die NSA macht".

Die Organisation Reporter ohne Grenzen bemängelte, im Entwurf gebe es keinen Hinweis darauf, dass Journalisten nicht ausgespäht werden dürfen. "Besonders ausländische Journalisten geraten damit in das Visier des Nachrichtendienstes", warnte der Geschäftsführer der Journalisten-Vereinigung, Christian Mihr. Er kritisierte: "Offenbar betrachtet die Bundesregierung Pressefreiheit als ein deutsches Exklusivrecht, um das sie sich im Ausland nicht zu scheren braucht."

Bei der Zeremonie zur Amtseinführung in der Regierungszentrale will auch der für den Bundesnachrichtendienst zuständige Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) eine Rede halten. Auch er dürfte die Zukunft des Dienstes und die geplanten Umstrukturierungen beim BND thematisieren. Kahl hatte das Amt am 1. Juli von Gerhard Schindler übernommen, der den Dienst viereinhalb Jahre lang geführt hatte.

Grünen-Geheimdienstexperte Hans-Christian Ströbele rief Kahl auf, das angekratzte Ansehen des BND aufzupolieren. "Der neue Präsident muss ganz zentral die Transparenz des Bundesnachrichtendienstes fördern", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Und er muss versuchen, viel verloren gegangenes Vertrauen zu reparieren."

Ströbele forderte Kahl auf, den Geheimdienstkontrolleuren im Parlament bei den üblichen geheimen Unterrichtungen die Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen. "Ich erwarte eigentlich etwas völlig Selbstverständliches von ihm: Dass er immer die Wahrheit sagt im (parlamentarischen Kontroll-) Gremium. Und lieber mal zu der einen oder anderen Frage sagt, da möchte ich nichts sagen, als dass ich mich dann nachher damit herumquälen muss, dass mir nicht die vollständige Wahrheit gesagt worden ist."

In der Diskussion über das neue BND-Gesetz unterstrich Ströbele verfassungsrechtliche Bedenken. Es sei "offensichtlich, dass viele Beschränkungen nicht erfüllt werden, die das Bundesverfassungsgericht bisher für Ausforschungsvorhaben gesetzt hat". So seien etwa die Kriterien, nach denen auch europäische Institutionen wie das Europaparlament, EU-Institutionen oder auch befreundete Regierungen ausspioniert werden könnten, "viel zu unbestimmt und viel zu vage".

Die Bundesregierung betont, im Zusammenhang mit der Spionage gegen EU-Institutionen oder befreundete Staaten stelle das Gesetz hohe Hürden auf. Ströbele entgegnete: "Ich kann diese hohen Hürden gar nicht erkennen." Das geplante unabhängige Richtergremium müsse solche Aktionen beispielsweise nicht vorher genehmigen, es könne im Nachhinein unterrichtet werden. Zudem solle das Gremium mindestens alle drei Monate tagen und nicht ständig - "das heißt, das Gremium ist auch nicht jeden Tag da". (kbe)