Neues Telekommunikationsgesetz tritt in Kraft

Der lange umkämpfte Rahmen für die Wachstumsbranche Telekommunikation soll den Wettbewerb fördern. Laufende Einsprüche der Telekom-Konkurrenten werden wohl aber noch nach altem Recht entschieden.

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Am Freitag wurde das novellierte Telekommunikationsgesetz (TKG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (PDF-Lesefassung). Es tritt damit am heutigen Samstag in Kraft. Der neue rechtliche Rahmen für die Wachstumsbranche war gut anderthalb Jahre heftig umkämpft. Erst im Vermittlungsausschuss fanden Bundestag und Bundesrat Anfang Mai einen Kompromiss. Lange strittig war vor allem, wie die Deutsche Telekom künftig regulatorisch angefasst werden soll. Die Wirtschaft und Datenschützer wollten zudem unverhältnismäßige Überwachungsauflagen und eine Rund-um-Beschnüffelung der Telekommunikationsnutzer verhindern.

In dem geschnürten Paket, das nach Ansicht von Kritikern nicht alle ihm zu Grunde liegenden Richtlinien aus Brüssel voll umsetzt, ist für jeden etwas dabei: Der Platzhirsch darf vier Jahre lang weiterhin die Hoheit über den Teilnehmeranschluss behalten. Er muss seinen Konkurrenten aber beim Einführen neuer Dienste und Produkte Vorleistungen anbieten, sodass diese darauf aufbauend ihre Kunden mit ähnlichen Leistungen versorgen können. Die Wettbewerber hatten es dabei vor allem auf den "entbündelten Breitbandzugang" (Bitstream) zum DSL-Netz der Telekom abgesehen, um stärker vom florierenden Geschäft mit schnellen Internetanschlüssen zu profitieren und die Angebotspalette für den Endkunden verbreitern zu können. Generell muss der Altmonopolist den Herausforderern komplette Produkte zum Weiterverkauf (Resale) zur Verfügung stellen. Die "letzte Meile" zum Teilnehmer müssen diese aber die ausgehandelten vier Jahre lang noch von der Telekom mieten.

Bundestagsabgeordnete sehen in dem Kompromiss eine gute Grundlage für Innovation und Investition. "Das neue Gesetz schafft einen ausgewogenen Ordnungsrahmen und gibt der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) durch eine große Auswahl an Regulierungsinstrumenten einen weiten Handlungsspielraum", erklärt etwa der telekommunikationspolitische Sprecher der SPD, Hubertus Heil. Praxisnahe Lösungen sollten künftig den Vorzug vor langwidrigen Verhandlungen auf dem Rechtsweg haben. Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) sieht die Sache nicht so rosig: Die Vereinigung der Telekom-Konkurrenten ist hauptsächlich gespannt darauf, ob der Regulierer laufende Verfahren nach altem oder neuem Recht entscheidet.

Im Magen liegt den VATM-Mitgliedern vor allem das Vorhaben der Telekom, mit ihrem "enjoy"-Tarif Gespräche ins deutsche Festnetz für 12 Cent pro angefangene Stunde zu ermöglichen. Nach einem ersten Einspruch der Regulierungsbehörde, der den mit einer Monatspauschale gekoppelten Bündeltarif nicht generell infrage stellte, erhöhte der rosa Riese die zunächst vorgesehen Preise nur leicht. Der VATM sieht damit aber keineswegs die Bedingungen für einen chancengleichen Wettbewerb erfüllt. Die RegTP selbst hüllt sich in Schweigen über ausstehende Entscheidungen und Übergangsvorschriften. Ein Sprecher verriet heise online nur, dass in Bonn der Freitag vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen "noch voll" genutzt worden sei -- immerhin gab die Regulierungsbehörde am Freitag dann noch bekannt, dass die Entgelte für die Telekom-Konkurrenten bei Nutzung der letzten Meile im Ortsnetz gesenkt werden.

Auch bei den Überwachungsvorschriften stellt das TKG einen typischen Kompromiss dar. Einerseits hat sich der Vermittlungsausschuss gegen eine Vorratsspeicherung sämtlicher beim Telefonieren, beim Senden von SMS-Kurzmitteilungen oder E-Mails und beim Surfen anfallender "Verkehrsdaten" ausgesprochen. Hier drehen der EU-Rat sowie der Bundesrat allerdings schon wieder am entgegen gesetzten Rad. Gleichzeitig bringt das TKG auch Verschlechterungen beim Datenschutz mit sich. So können sich Sicherheitsbehörden künftig etwa Zugriff auf Geheimzahlen und Passwörter für Mailboxen oder auch Webmail-Accounts verschaffen, auf Basis einer Reihe rechtlicher Vorgaben. Anonyme Handy-Karten wird es zudem nicht mehr geben. (Stefan Krempl) / (jk)