Nortel-Pleite: Endlich Einigung über Masseverteilung

Mehr als 7 Jahre nach der Pleite des kanadischen Netzwerkausrüsters gibt es erstmals eine fast vollständige Einigung über die Verteilung der Masse. Nächstes Jahr könnte demnach Geld fließen, doch noch sind nicht alle Bedingungen erfüllt.

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Holzbank mit Aufdruck Nortel

Der Fall war auf die lange Bank geschoben. Jetzt kommt Bewegung in die Sache.

(Bild: jean francoeur CC-BY 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

2009 hat der kanadische Telecom-Ausrüster Nortel Gläubigerschutz beantragt, obwohl er 2,4 Milliarden US-Dollar in bar hatte. Der Verkauf der Vermögenswerte hat weitere 7,3 Milliarden Dollar eingebracht. Doch bis heute harren die Gläubiger ihres Anteils. Jahrelang wurde prozessiert, verhandelt und verwaltet, was Milliarden gekostet hat. Am Donnerstag wurde endlich eine vorläufige Einigung erzielt. Nächstes Jahr könnte Geld fließen.

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Die über 145 Seiten starke Vereinbarung sagt aber noch nicht aus, welche Gläubiger wieviel Geld bekommen. Sie verteilt lediglich die 7,3 Milliarden aus der Masseverwertung und einige vergleichsweise kleine Beträge auf die Konzernländer, allen voran Kanada, die USA, Großbritannien und Frankreich.

Besonders wichtig ist die umfassende Erledigung konzerninterner Forderungen und Haftungen. Diese internationalen Verstrickungen haben das Insolvenzverfahren so komplex gemacht, dass es zum teuersten Insolvenzfall der Geschichte werden dürfte. Die Abwicklungskosten dürften am Ende die 2,2 Milliarden Dollar der Pleite von Lehman Brothers noch übersteigen.

Juristisches Neuland: 2 Gerichtsverfahren werden grenzüberschreitend "parallelisiert".

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Gerichte in den vier genannten Ländern müssen noch ihre Zustimmung erteilen, bevor der Plan in Kraft treten kann. Die Insolvenzgerichte in Kanada und den USA werden gleichzeitig am 1. Dezember 2016 und noch einmal am 24. Januar 2017 tagen. Davor müssen noch zwei Gruppen von Anleiheinhabern in den USA zu jeweils mindestens 67 % ihrer Forderungen ihr Plazet geben.

Zwei wesentliche Außenseiter könnten versuchen, den Deal vor Gericht zu stoppen. Eine als Trade Claims Consortium bekannte Gruppe von US-Gläubigern fordert mehr als 125 Millionen Dollar und ist dem Vergleich nicht beigetreten. Um sogar 708 Millionen Dollar geht es dem staatlichen Rentenausfallversicherer der USA, der Pension Benefit Guaranty Corporation (PBGC), die ebenfalls nicht mit an Bord ist.

Wenn aber alles glatt läuft, soll die Vereinbarung zum 15. Februar 2017 in Kraft treten. Als spätestmögliches Datum wurde der 31. August kommenden Jahres festgelegt. In der Vereinbarung versprechen die Beteiligten einander auch, alle gegen einander laufenden Gerichtsverfahren einzustellen und einander auf Anfrage Informationen und Dokumente zur Verfügung zu stellen.

Der anvisierte Fahrplan

(Bild: Nortel Settlement)

In dem Vergleich, der über 160 Unterschriften tragen wird, haben sich die Nortel-Gesellschaften, deren Masseverwalter, und die Vertreter der wichtigsten Gläubigergruppen auf folgenden Verteilungsschlüssel geeinigt: Rund 57,1 Prozent gehen nach Kanada, 24,4 Prozent in die USA, 14 Prozent nach Großbritannien und 4,5 Prozent an die übrigen Nortel-Gesellschaften in Europa. Die einzelnen Nortel-Firmen müssen das Geld dann unter ihren jeweiligen Schuldnern verteilen.

Diese Beträge stehen in keinem Verhältnis zu den Forderungen. Nach Kanada fließt zwar die höchste Summe, doch stehen am einstigen Konzernhauptsitz auch die höchsten Schulden zu Buche. Also müssen sich die kanadischen Gläubiger, darunter zehntausende ehemalige Mitarbeiter und Rentner, mit der niedrigsten Quote von geschätzt 40 Prozent ihrer Ansprüche begnügen.

Europäische Gläubiger können auf 65 Prozent hoffen, während US-Gläubiger mit 80 bis 90 Prozent rechnen dürfen. Alle diese Quoten sind für eine Insolvenz extrem hoch, weshalb zweifelhaft ist, ob Nortel 2009 wirklich Pleite war.

Firmenschild Nortel Networks' in Frankfurt/Main

(Bild: Allie Caulfield CC-BY 2.0 )

Innerhalb der Europa-Gruppe wandert ein Fixbetrag von 220 Millionen Euro nach Frankreich zu Nortel Networks SA. Der Rest wird nach Prozentsätzen verteilt.

Für die ehemalige Nortel Networks Germany wurden 0,2985% der Gesamtmasse festgelegt, was ungefähr 21,7 Millionen Dollar bringen soll. Nortel Networks Austria winken laut Vertragstext 0,0117% der Masse oder zirka 850.000 Dollar. Die genauen Geldbeträge stehen noch lange nicht fest. Das exakte Massevermögen wird sich noch leicht verändern, zudem sind diverse Gebühren abzuziehen. (ds)