Computex

Notebook-Grafik: Die neue Flexibilität

Hybrid SLI, Hybrid CrossFireX, PowerXPress, GeForce Boost, ATI XGP -- hinter den neuen Buzzwords verstecken sich Techniken, die Notebooks zu längerer Laufzeit verhelfen sollen.

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Hybrid SLI, Hybrid CrossFireX, PowerXPress, GeForce Boost, ATI XGP – erstaunlich viele neue Marketingbegriffe tauchen im Zusammenhang mit Notebook-Grafikchips auf der Computex auf. Dabei geht es nicht um eine höhere Maximalgeschwindigkeit, sondern darum, bessere Möglichkeiten zu schaffen, Notebooks mit gleichzeitig langer Laufzeit, hoher 3D-Leistung und niedrigem Gewicht herzustellen. Quasi nebenbei fällt eine Technik ab, um drei Digitalmonitore an ein Notebook anzuschließen.

Notebooks mit Hybrid-Grafiken (5 Bilder)

AMD ermöglicht das Auslagern des Grafikchips, was zwar unflexibel ist, aber als einzige Lösung auch Subnotebooks zu schnellster 3D-Leistung verhilft. Nvidia will nichts dergleichen anbieten.

Schnellere Chips gab es dann doch: AMD zeigte den ATI Radeon Mobility HD 3800, der allerdings wohl leicht hinter dem Spitzenreiter Nvidia GeForce 8800M GTX zurückbleiben dürfte, und Nvidia verriet bei der Vorstellung der neuen Mittelklasse, dass am 17. Juni fünf High-End-Chips vom 9700M GT bis zum 9800M GTX erscheinen werden. Doch interessant sind diese Chips gerade im Zweifach-Verbund via ATI CrossFireX oder Nvidia SLI nur für Anwender, denen ein Gaming-Notebook mit (mindestens) 17-Zoll-Display, hohem Gewicht und geringer Laufzeit ein Zugewinn an Freiheit bedeutet.

Die für die Mehrheit interessanteren Entwicklungen betreffen Notebooks, bei denen niedriges Gewicht und lange Laufzeit im Vordergrund stehen. Bisher sind solche Modelle nur mit Chipsatz-Grafik oder mit lahmen separaten 3D-Grafikchips möglich, die nicht wesentlich schneller als die Chipsatzgrafik sind und damit auch kaum zusätzliche Spiele in erträglichen Frameraten darstellen. Sobald jedoch ein brauchbarer 3D-Grafikchip wie der Nvidia GeForce 8600M GT im Notebook sitzt, schnellt die Leistungsaufnahme im 2D-Betrieb – also bei abgeschalteter 3D-Grafik – hoch, meist um 3 bis 5 Watt, was einer Verkürzung der Laufzeit von 15 bis 30 Prozent entspricht. Lange Laufzeiten von über vier Stunden sind dann nur mit leistungsstarken Akkus möglich, sodass die meisten Notebooks über drei Kilogramm wiegen. Mit gleich drei Neuerungen halten die Hersteller dagegen.

Die naheliegendste Lösung ist, den Grafikchip nur für 3D-Anwendungen zu starten und für alle anderen Aufgabe die Chipsatzgrafik zu verwenden. In einigen wenigen Notebooks wie dem Sony VGN-SZ ist sowas schon realisiert. Allerdings musste Sony weitgehend auf eigene Faust vorgehen, sodass der Anwender zum Ein- und Ausschalten des Grafikchips das Notebook herunterfahren muss. Zudem kommt nur ein langsamer Grafikchip zum Einsatz, mit dem viele Spiele dann immer noch ruckeln.

AMD und Nvidia haben dieses Verfahren nun verfeinert, bei AMD heißt es PowerXpress und bei Nvidia HybridPower: Das Umschalten geschieht unter Windows Vista (XP oder Linux werden nicht unterstützt) im Betrieb, das Bild flackert dabei nur kurz. Der Anwender kann jederzeit manuell umschalten oder das an ein Energieschema von Vista koppeln und somit beispielsweise unter Netzstrom automatisch mit 3D-Beschleunigung arbeiten – im Hinblick auf die unverändert hohe Leistungsaufnahme der 3D-Chips gerade beim Spielen wohl die praktikabelste Lösung. Auch eine Umschaltung per Knopf kann der Notebook-Hersteller implementieren.

Das ganze funktioniert nicht nur mit den Chipsätzen von AMD und Nvidia, sondern auch Intels Chipsatzgrafik soll mit einem Radeon- oder GeForce-Grafikchip zurecht kommen. Auf Hardware-Seite läuft das schon etwas komplizierter ab, müssen doch die Display-Ausgänge von zwei Grafikkernen umschaltbar zusammengeführt werden, und noch komplizierter fällt wohl die Software-Seite aus. Hier muss Intel in Zusammenarbeit mit AMD beziehungsweise Nivida deren Treiber so erweitern, dass quasi per API-Wrapper Teile der Intel-Grafik per AMD/Nvidia-API erreichbar sind. Mit generischen Treibern wird das überhaupt nicht funktionieren, sondern der Notebook-Hersteller muss (wie allerdings jetzt meist auch auch schon) speziell auf die einzelnen Modelle angepasste Treiber bereitstellen. Das klingt kompliziert, und durch den speziellen Treiber verliert man einen der Hauptvorteile der Intel-Chipsatzgrafik, nämlich die Image-Kompatibilität. Eine Kombination aus abschaltbarer Nvidia-Grafik und ATI-Grafikchipsatz oder umgekehrt darf man daher gar nicht erst erwarten, und auch dürften sich weder SiS noch VIA die Mühe machen, ihre Grafikchipsatz-Treiber entsprechend umzubauen.

Sämtliche Demosysteme von AMD und Nvidia liefen übrigens mit AMD-Prozessoren, doch das hatte andere Gründe: Die Lösungen mit Intel-Grafikchipsätzen nutzen allesamt schon den auf Anfang August verschobenen GM45 und GM47 (Montevina), sodass selbst unter NDA nur wenig zu erfahren war. Zudem wollte AMD natürlich vor allem die nagelneue Puma-Plattform promoten und ging nichtmal explizit darauf ein, ob von den neuen ATI-7er-Chipsätzen überhaupt Intel-Versionen geplant sind – die vor dem Kauf durch AMD entwickelten Xpress-Chipsätze hatte ATI jeweils in Versionen für AMD- und Intel-Prozessoren angeboten.

Außer der früheren Verfügbarkeit haben die Lösungen mit Chipsatz und Grafikchip von AMD/Nvidia einen weiteren Vorteil: Die Chipsatzgrafik muss gar nicht komplett abgeschaltet werden, sondern kann den Grafikchip unterstützen, ähnlich wie das auch bei der Kopplung zweier Desktop-Grafikkarten funktioniert. AMD nennt das Hybrid CrossFireX, Nvidia GeForce Boost. Bei schnellen Grafikchips ist der Vorteil allerdings unwesentlich – entsprechend bieten beide die Kopplung nur für die Low-End-Grafikchips (AMD für den HD 3400 und Nvidia bis zum 9500M) an.

Doch gerade diese Einsteiger-Chips können durch die Chipsatzgrafik-Unterstützung den notwendigen Leistungssprung machen, um einer ganzen Reihe von Spielen zu ruckelfreien Frameraten zu verhelfen. So gibt AMD für einen Radeon 3450 X2 einen 3DMark06-Wert von knapp über 3000 Punkten an – aktuelle Einsteiger-Chips kommen kaum über 1500 Punkte hinaus. Inwieweit solche vergleichsweise preisgünstige und gut kühlbare Hybridlösungen wirklich mit Mittelklasse-Grafikchips mithalten, werden natürlich erst die Benchmark-Messungen an konkreten Notebooks zeigen.

Als dritte Lösung lässt sich bei AMD der zuschaltbare Grafikchip ganz aus dem Notebook verbannen. Er steckt dann in einem kleinen Kästchen, das ähnlich einer Docking-Station ständig mit den externen Displays am Arbeitsplatz verbunden bleibt. Die Anbindung geschieht über PCI Express 2.0. Damit beschleunigt der externe Chip nicht die Ausgabe auf dem Notebook-Displays, sondern nur die von dort angeschlossenen Monitoren – genau das will man bei einer Docking-Station ja auch haben. AMD nennt das XGP (eXternal Graphics Plattform) und führt stolz die Implementierung von Fujitsu Siemens vor, die gerade dadurch besticht, dass das Notebook ein verhältnismäßig kleines (13,3-Zoll-Display) und leichtes (2,4 Kilogramm) ist, das unterwegs eine gute Figur macht und am Schreibtisch mit einer der schnellsten Notebook-Grafikchips (HD 3870) aufwartet.

Zusätzlich ist eine SurroundView genannte Technik implementiert, bei der gleichzeitig die beiden Display-Ausgänge der externen Box und die beiden der Chipsatzgrafik aktiviert sind. So sind drei externe Monitore und das Notebook-Display aktiv, und alle zeigen unterschiedliche Inhalte (erweiterter Desktop). Nur die an der externen Box hängenden Monitore profitieren allerdings vom schnellen Grafikchip, die beiden anderen Desktops arbeiten nur mit Chipsatzgrafik-Geschwindigkeit. Bei entsprechender Implementierung können alle drei Monitore digital angesteuert werden, was bei Fujitsu Siemens dank HDMI- und DVI-Ausgang an der Box und HDMI-Buchse am Notebook auch realisiert ist.

Nvidia hat nichts dergleichen im Programm. Man halte den Markt von Anwendern zu klein, die nur am eigenen Schreibtisch, aber unterwegs kaum spielen wollen. Doch gerade wer sein Notebook häufig dabei hat und daher mit der 1- bis 1,5-Kilogramm-Klasse liebäugelt, wird sich kaum mit der Idee anfreunden, nur dadurch viel 3D-Leistung zu bekommen, dass man ständig einen ausgeschalteten High-End-Chip samt notwendiger Kühlung mit sich herumschleppt.

Bisher lassen sich an Notebooks nur zwei Monitore anschließen, wobei dann das interne Display schwarz blieb. Zudem besitzen nur wenige Notebooks (selbst inklusive Dockingstation) zwei Digitalausgänge. Per USB- oder CardBus-Grafikkarte lassen sich zwar mehrere Displays auch per DVI anschließen, aber diese Lösungen eignen sich nur für Büroanwendungen und sind schon zur Wiedergabe von DVD-Videos zu langsam. Die per ExpressCard angebundenen externen Grafikkarten sind bislang nicht über den Prototypen-Status heraus gekommen; ihre größten Probleme sind die Unfähigkeit von Windows Vista, zwei unterschiedliche Grafiktreiber zu nutzen sowie die auf PCIe-1x beschränkte Anbindung.

Eine vierte Lösung müsste es eigentlich auch noch geben, und zwar eine, die schon lange existieren sollte, aber eine offensichtlich bisher kaum erbrachte Fleißarbeit erfordert: Es ließe sich nämlich einfach die Leistungsaufnahme des Grafikchips reduzieren, was dank herunterschaltbarer Kernspannung und Taktrate (AMD PowerPlay, Nvidia PowerMizer) schon seit einigen Grafikchip-Generationen gehen müsste. Doch kommen nur wenige Notebooks mit sorgfältig angebundenem 3D-Grafikchip auf den Markt, darunter einige ThinkPads von Lenovo und das bemerkenswert sparsame Apple MacBook Pro, das allerdings auch aufgrund der LED-Hintergrundbeleuchtung des Displays eine sehr niedrige Leistungsaufnahme hat. Unter Windows Vista zieht es dann doch wieder fast drei Watt mehr als unter Mac OS X. Möglicherweise verhindert daher Windows einen sparsameren Betrieb der Grafikchips, oder ihre Stromsparfunktionen sind lange nicht so ausgereift wie AMD und Nvidia angeben.

Vielleicht liegt der Vorteil von Hybrid SLI, Hybrid CrossFireX, PowerXPress, GeForce Boost, ATI XGP und SurroundView aber auch nur darin, dass man mit langer Laufzeit alleine keine guten Geschäfte machen kann, sondern erst mit der raffinierten neuen Kombination: Einerseits klemmen sich die Notebook-Hersteller intensiver dahinter, weil sie dann mit einer ganzen Reihe werbewirksamer Marketingbegriffen protzen können, und andererseits bemühen sich AMD und Nvidia stärker um echte Vorteile, weil sie nicht nur einen Grafikchip, sondern zusätzlich einen Chipsatz verkaufen können. Abzuwarten bleibt dann aber, ob die Notebook-Hersteller die geringere Leistungsaufnahme in Form von längerer Laufzeit an den Käufer weitergeben oder ob sie zur Kostenersparnis den Akku verkleinern – so bekäme man immerhin leichtere Notebooks mit den üblichen drei Stunden Laufzeit. (jow)