OECD-Staaten haben Netzneutralität und Datenschutz auf dem Schirm

Zum Abschluss des OECD-Ministertreffens zur Internetwirtschaft bekennen sich die Regierungsverteter zur Verantwortung für Daten- und Verbraucherschutz und wollen die Möglichkeiten der Informationstechnologie im Kampf gegen den Klimawandel nutzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Netzneutralität, Klimawandel und Datenschutz sollten zentrale Punkte künftiger Politik sein, erklärte der Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, zum Abschluss des OECD-Ministertreffens zur "Zukunft der Internetökonomie" in Seoul. In seiner Rede griff Gurria den Warnruf von EU-Kommissarin Viviane Reding auf, dass "Netzwerkmanagement keine technische, sondern eine politische Frage" sei, "die von allen beantwortet werden muss".

In ihrer Abschlusserklärung (PDF) sehen die Regierungen die Herausforderungen für die Politik in den Bereichen Innovation und Wettbewerb sowie darin, dem Verbraucher die Freiheit der Wahl zu lassen. Darüber hinaus plädieren die Regierungsvertreter für mehr Netzsicherheit, Datenschutz und "Respekt" für "geistiges Eigentum". Fragen des effizienten Energieeinsatzes im IT-Bereich und Möglichkeiten, Informationstechnik gegen den Klimawandel zu nutzen, sollen auf einem Gipfel im kommenden Jahr im dänischen Kopenhagen erörtert werden.

Angesichts der enormen Entwicklungen im Netz seit dem OECD-Internetgipfel vor zehn Jahren im kanadischen Ottawa "beginnen einige, die grundlegenden Prinzipien Offenheit und Neutralität in Frage zu stellen", sagte Reding mit Blick auf die Neutralitätsfrage am gestrigen Dienstag. Man dürfe bei dem Thema zwar nicht überziehen, aber "unsere Aufgabe als Politiker weltweit sollte es sein, zu verhindern, die Offenheit des Internets als ein öffentlicher Raum zu gefährden oder die Innovation in den Netzen zu schwächen."

Unterstützung gab es dazu von namhaften Diskussionsteilnehmern wie etwa dem Cyberlaw-Guru Lawrence Lessig, der den Charakter des Netzes als öffentliche Ressource unterstrich, sowie von Googles Vizepräsident Vint Cerf, der im Abschlussplenum die Entwicklergemeinde vertrat. Weder durch Regulierung noch durch wirtschaftliche Monopolstellungen dürfe die Entwicklung des Netzes behindert werden, forderte Cerf gemäß dem von der Internet Society (ISOC) herausgegebenen Memorandum.

Die Regierungsvertreter verpflichten sich in ihrer Abschlusserklärung, faire Wettbewerbsbedingungen und Offenheit, dezentrale Organisation und Dynamik des Netzes durch ihre politischen Maßnahmen zu bewahren. Innovation, Interoperabilität, Teilhabe und ein einfacher Zugang sind weitere politische Ziele. Nicht festlegen wollten sich die Politiker auf klare Vorgaben zur allerseits erwünschten Breitbandpenetration. Anriette Esterhuysen, Vertreterin für die Nichtregierungsorganisationen und Chefin der Association for Progressive Communication (APC), mahnte in ihrem Schlusswort heute, gerade auch im Hinblick auf Entwicklungsländer daran zu denken, dass fehlender Zugang Leben kosten könne.

Die zivilgesellschaftlichen Gruppen unter dem Dach von "The Public Voice" dürften sich über Gurrias heutigen Hinweis freuen, dass man die Zeit für gekommen halte, die Mitarbeit der Bürgerrechtsgruppen zu institutionalisieren. "Schlicht gesagt: Es gibt Dinge, die Regierungen alleine können und andere, für die man alle braucht, die auch hier an der Konferenz beteiligt waren, dazu gehört auch die weitere Entwicklung des Internets", so Gurria. Allerdings ist der in der Abschlusserklärung dazu formulierte Auftrag, mit allen Interessengruppen weiter zusammenzuarbeiten, wenig konkret.

Die Streitfrage des geistigen Eigentums streiften weder Gurria noch der Gastgeber See Joong Choi, Chairman der Korea Communications Commission, in ihren Abschlusserklärungen. Ganz anders die Vertreter der Wirtschaft: Für das OECD Business Industry Advisory Committee (BIAC) unterstrich Peter Robinson, Chef des amerikanischen Verbands Council for International Business (USCIB), die Bedeutsamkeit des geistigen Eigentums als Investitionsanreiz. Von den Regierungen erwarte die Wirtschaft vor allem drei Dinge: Positive Effekte für die Entwicklung des Netzes, die Durchsetzung bestehender Gesetze sowie die Entwicklung weiterer Regeln, die Investitionsanreize schafften.

Für Gurria ist vielmehr der Datenschutz ein wichtiges Thema. "Heute ist es so, dass viele Geschäftsmodelle auf Datamining persönlicher Daten fußen." Zwar sei die Datenschutzrichtlinie der OECD noch durchaus zeitgemäß. Aber man müsse sich fragen, wo die Grenzen zwischen legitimen Geschäftsmodellen und nicht mehr hinnehmbaren Eingriffen in die Privatsphäre zu ziehen seien. Die Abschlusserklärung enthält den Auftrag, die bestehenden Datenschutz- und Verbraucherschutzempfehlungen zu überprüfen und anzupassen. Außerdem soll die OECD nach dem Willen der Regierungen auch Richtlinien für eine sinnvolle Konvergenzpolitik erarbeiten. (Monika Ermert) / (vbr)