Open Finance: EU-Abgeordnete wollen Kunden mehr Kontrolle über Finanzdaten geben

Wirtschaftspolitiker haben den Kurs des EU-Parlaments zur geplanten Verordnung für den Zugang zu Finanzdaten abgesteckt. Apple & Co. sollen draußen bleiben.

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Papierstapel neben Laptop

(Bild: KorArkaR/Shutterstock.com)

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Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des EU-Parlaments hat am Donnerstag die Linie der Volksvertreter für die vorgesehene Verordnung für einen leichteren Zugang zu Finanzdaten mit der großen Mehrheit von 43 Stimmen beschlossen. Nur ein Abgeordneter war dagegen, fünf enthielten sich. Kunden sollen damit prinzipiell ein Recht erhalten, ihre Daten an Nutzer wie Finanzinstitute oder FinTechs in einem sicheren maschinenlesbaren Format weiterzugeben. Ziel ist es, Instrumente für den Vergleich von Finanzprodukten oder eine personalisierte Online-Beratung zu beflügeln. Institutionen, die bereits über einschlägige Kundendaten verfügen, sollen zudem verpflichtet werden, diese Informationen anderen Finanzinstituten mit der Zustimmung der Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

Die EU-Kommission brachte den Entwurf für einen offenen Finanzdatenraum (Open Finance) im Juni als Teil eines umfassenden Gesetzespakets für Zahlungsdienstleistungen und Open Banking auf den Weg. Erfasst werden sollen etwa Angaben zu Ersparnissen und Anlagen in Finanzinstrumente, versicherungsbasierte Anlageprodukte sowie Daten, die für eine Eignungs- und Angemessenheitsprüfung erhoben werden. Die Abgeordneten halten das geplante Instrumentarium vor allem für kleinere Firmen für nützlich, um neue Kunden zu gewinnen, Kosten und Eintrittsbarrieren zu senken und so den Wettbewerb sowie die Innovation bei Finanzprodukten und -dienstleistungen zu erhöhen.

Big-Tech-Konzerne wollen die Parlamentarier dagegen möglichst raushalten aus dem neuen Finanzdatenraum. Die großen digitalen Plattformen, die die Kommission gemäß dem Digital Markets Act (DMA) als "Gatekeeper" eingestuft hat, sollen ihnen zufolge nicht berechtigt sein, einschlägige Finanzinformationsdienstleister zu werden. Derzeit sind Alphabet mit Google, Amazon, Apple, ByteDance (TikTok), Meta und Microsoft als solche Torwächter benannt. Dabei handelt es sich nach Ansicht der Abgeordneten um Plattformen, deren dominante Online-Position es anderen Unternehmen praktisch unmöglich macht, Endnutzer in Eigenregie ohne Big-Tech-Beteiligung zu erreichen. Der Ausschluss der Gatekeeper soll sicherstellen, dass diese "die Regeln nicht umgehen können", wenn sie Finanzdaten von Nutzern besitzen oder kontrollieren. Zuvor hatte etwa die ING-Bank beklagt, dass der Mechanismus zum Datenteilen aus der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 vor allem Datenkraken zugutekomme.

Generell sollen Kunden dem Beschluss zufolge entscheiden, wie und von wem ihre Finanzdaten verwendet werden. Eine Weitergabe der Informationen an Dritte ohne Einwilligung wäre nicht gestattet. Ferner soll ein Opt-in jederzeit und kostenlos widerrufen werden können. Mitglieder des skizzierten Systems für einen Zugang zu Finanzdaten wollen die Abgeordneten verpflichten, sich auf eine vertragliche Haftung für potenzielle Datenschutzverletzungen zu einigen. Die Übereinkunft soll eine Entschädigung der Kunden für den Fall vorsehen, dass Informationen missbraucht werden. Daten aus Lebens- und Krankenversicherungen werden ebenso ausgenommen wie vertrauliche Geschäftsinformationen und nicht offengelegtes Know-how.

Der Datenzugriff wird nach dem Willen der Parlamentarier über hochwertige technische Schnittstellen erfolgen, wofür Bereitsteller und Zugangsberechtigte Standards entwickeln können. Datenhalter sollen eine angemessene Entschädigung für die Kosten verlangen können, die ihnen bei der Bereitstellung des Zugangs sowie rund um Einrichtung und Wartung von Programmierschnittstellen entstehen. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) wird dem Plan nach ein Register zugelassener Finanzinformationsdienstleister sowie vereinbarter Zugriffsregeln einrichten. Kleine Unternehmen sollen zwölf Monate länger Zeit haben, die Vorschriften anzuwenden. Scharfe Kritik übt die Computer & Communications Industry Association (CCIA Europe). Dem Verband zufolge würde der Big-Tech-Ausschluss von einem als "offen" angepriesenen Markt dem Kern der Verordnung widersprechen und den Verbrauchern wichtige innovative Dienste vorenthalten.

(mho)