Opposition will Geheimdienstbefugnisse nicht ausbauen

Linke und Grüne haben den Gesetzentwurf scharf kritisiert, mit dem die Bundesregierung für mehr Kooperation beim Staatsschutz sorgen und den Datenstaubsauger des BND auf "Cyber-Gefahren" ausdehnen will.

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Opposition will Geheimdienstbefugnisse nicht ausbauen

Der Innenminister spricht im Bundestag

(Bild: bundestag.de)

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Die Bundesregierung will mit einer Gesetzesinitiative Konsequenzen aus dem NSU-Skandal ziehen, nicht jedoch aus der NSA-Affäre. So sollen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Staatsschutzbehörden der Bundesländer dazu verpflichtet werden, Informationen stärker auszutauschen. Quasi nebenbei will das Kabinett es dem Bundesnachrichtendienst (BND) erlauben, künftig mithilfe seiner "strategischen Fernmeldeaufklärung" auch "neue Gefahren des Cyberraums" frühzeitig erkennen zu können. Das kritisiert die Opposition.

Trotz der versprochenen "rückhaltslosen Aufklärung" produzierten die Geheimdienste ständig "neue Hiobsbotschaften", monierte der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz am Freitag während der 1. Lesung des geplanten Gesetzes im Bundestag. In diesem Bereich gebe es "Probleme, Baustellen und Skandale überall", was der NSA-Untersuchungsausschuss gerade erst wieder am Beispiel der absprache- und rechtswidrigen Kooperation zwischen dem technischen US-Geheimdienst und dem BND vor Augen geführt habe. Zudem sei Deutschland über Ramstein stark in den "völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg" der USA involviert.

Mit ihrem "Antragspotpourri" setze die Regierung ihre Planlosigkeit im Spionagesektor fort, meinte von Notz. Es fehle jeglicher Vorschlag für eine bessere parlamentarische Kontrolle oder einen stärkeren Daten- und Grundrechtsschutz. Vielmehr solle das Liken, Chatten und Mailen der Bürger in Echtzeit ohne belastbare Rechtsgrundlage ausgespäht werden. Darüber hinaus wolle Schwarz-Rot vermehrt auf die hochproblematischen V-Leute setzen und den Entwurf "noch vor der Sommerpause durchs Parlament peitschen".

Statt die strategische Fernmeldeaufklärung auszubauen, müsse sie begrenzt und parlamentarisch kontrolliert werden, forderte der Grüne. Nötig sei auch eine Zäsur beim BfV. Dieses müsse "aufgelöst und vollkommen neu durchsortiert werden". Von Notz' Fraktionskollege Hans-Christian Ströbele sprach von einem "Law-and-Order-Gesetz", das die Regierung gleich wieder einpacken sollte.

André Hahn von den Linken findet das Gesetz grundsätzlich falsch. Die Staatsschützer würden damit "in einem kontrollfreien Raum" verstärkt zusammenarbeiten. Das BfV solle für sein Versagen im Umgang mit der Terrororganisation NSU mit 261 neuen Planstellen belohnt, Straftaten durch V-Leute legitimiert werden. Insgesamt löse der Entwurf keine Probleme, "sondern schafft neue".

Bundesinnenminister Thomas de Maizière ging mit keinem Wort darauf ein, dass die BND-Kompetenzen ausgebaut werden sollen. Der CDU-Politiker unterstrich dagegen, dass die Verfassungsschutzdatei Nadis "datenschutzrechtlich eingebettet" erweitert werden solle: So würden Zugriffsrechte beschränkt und eine Vollprotokollierung eingeführt.

Die Regierung habe einen "tadellosen Gesetzentwurf" vorgelegt, lobte Tankred Schipanski im Namen der Unionsfraktion. Der Christdemokrat zeigte sich "entsetzt über die Empörungsrhetorik" der Opposition. Der CDU/CSU-Innenexperte Stephan Mayer verwies darauf, dass der BND "selbst konservativ gerechnet mit seiner Arbeit dazu beigetragen" habe, in Afghanistan 19 Anschläge zu verhindern. Auch wenn es derzeit nicht populär sei, stehe die Union zu den Geheimdiensten, wo es motivierte Mitarbeiter geben müsse.

Burkhard Lischka von der SPD beklagte eine "regelrechte Krankheit der Verfassungsschutzbehörden, dass sie sich nicht austauschen". So habe angesichts des NSU-Terrorzugs nirgends ein Gesamtbild entstehen können. Damit solle nun Schluss sein.

Noch bis zum 29. April läuft eine Bundestagspetition, die erreichen will, dass der BND-Etat gekürzt wird. Sie wird von einem "Bündnis gegen Überwachung" unterstützt, dem unter anderem der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Digitalcourage und die Humanistische Union angehören. Die Petenten begründen ihr Anliegen unter anderem damit, dass der BND verfassungs- und völkerrechtswidrig handle, mangelhaft kontrolliert werde und den Drohnenkrieg der USA unterstütze. (anw)