Pay as you drive: Die individuell berechnete Versicherungsprämie

Die WGV-Versicherungsgruppe schloss Tests eines Systems ab, das die KFZ-Versicherungsprämie auf Basis elektronisch erfasster Orts-, Bewegungs-, Fahrer- und Verkehrsdaten individuell ermittelt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die WGV-Versicherungsgruppe hat Anfang des Jahres mit Tests einer nutzungsabhängigen Kraftfahrzeugprämie begonnen, für die das von T-Systems entwickelte und zur CeBIT vorgestellte Telematiksystem "Trip Sensitive Insurance" als Grundlage diente. Dieses Pilotprojekt wurde kürzlich abgeschlossen. Die Versicherungsprämie orientiert sich bei dem System am individuellen Fahrverhalten – Autofahrer, die weniger riskant fahren, sollen eine geringere Prämie zahlen.

Das System wertet Informationen über gefahrene Kilometer, genutzte Straßen und Uhrzeiten aus – und basiert auf statistischen Kenntnissen von pauschale Risiken. "Wenn jugendliche Fahrer Freitag- oder Samstagnacht unterwegs sind, ist das Risiko relativ hoch", erklärt Ingo Hammer von der T-Systems Enterprise Services GmbH. "Auch ist das Risiko auf Autobahnen geringer als auf Landstraßen. Vielfahrer tragen ein höheres Risiko, Pendler hingegen sind risikoarm." Daten wie Lenkbewegungen oder das Beschleunigungsverhalten wertet das System nicht aus.

Das Pilotprojekt lief über drei Monate und umfasste über 70.000 Testkilometer. Durchschnittlich wurden 1,72 Positionsmeldungen pro Kilometer erfasst. Einige der zwanzig Testwagen verfügten über ein System, das zwischen einzelnen Fahrern und zwischen Dienst- und Privatfahrten unterscheiden kann. Damit lässt sich auch ein elektronisches Fahrtenbuch erstellen, das für Steuererklärungen oder Spesenabrechnungen verwendet werden kann.

Technische Basis ist ein Bordcomputer, den T-Systems im Kraftfahrzeug installiert. Diese so genannte On Board Unit ermittelt Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeuges über Satellit auf Basis von GPS. Das System wertet die Informationen automatisch aus und überträgt die Ergebnisse per GPRS an ein T-Systems-Rechenzentrum, wo die Daten aufbereitet und anschließend der WGV wie auch dem Versicherungsnehmer elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Gegenüber heise online wies T-Systems-Manager Ingo Hammer darauf hin, dass anders als beim britischen Pay-as-you-drive-Angebot der Versicherungsgesellschaft Norwich Union nicht alle Daten beim Versicherer liegen. So darf zum Nachweis der zurückgelegten Fahrtstrecke der Fahrer wesentlich mehr Details sehen als die Versicherung. Auf diese Weise soll der Aufwand für die Versicherung reduziert und der Versicherungsnehmer vor der Preisgabe unnötiger Details bewahrt werden.

Wann die flexible Versicherungsprämie in Deutschland auf den Markt kommen soll, ist noch nicht entschieden. Derzeit wird überlegt, ob sie in einer ersten Stufe für Fahranfänger angeboten werden soll – nach dänischem Vorbild: In Dänemark testeten 300 Fahrer ein entsprechendes Angebot in Jütland drei Jahre lang. Im Ergebnis fuhren sie vier bis sieben Stundenkilometer langsamer als zuvor – und reduzierten das Unfallrisiko damit um ein Viertel. Technisch basiert das System ebenfalls auf einer On Board Unit, die über GPS die Position des Wagens sekundengenau protokolliert und auf einem Display die Geschwindigkeitslimits anzeigt. Wird das Limit um mehr als fünf Stundenkilometer überschritten, ertönt ein Warnsignal. Respektieren die Fahrer die Limits, erhalten sie auf ihre Versicherungsprämie einen Rabatt. Das dänische Pay-as-you-drive-System ist das einzige mit einer interaktiven Rückmeldung, alle anderen funktionieren für den Fahrer wie eine Blackbox.

"Voraussetzung für eine direkte Rückmeldung sind exakte Straßenkarten", sagt Hammer. In Deutschland liegen Streckendaten mit Geschwindigkeitsbeschränkungen zwar vor, doch sie sind nicht tagesaktuell. "Wenn einmal keine Warnung erfolgt, würde das für den Fahrer bedeuteten, dass alles in Ordnung ist", meint Hammer. Er vermutet, dass die Straßen für den Test in Jütland manuell erfasst wurden – in Deutschland müsste daher die Einführung zunächst auch auf eine Region beschränkt werden. Die Rückmeldung könnte aber auch indirekt über eine Art Fahrerkonto erfolgen – und indirekt einen Lerneffekt bewirken.

Wie auch immer man die Systeme gestaltet: Pay as you drive ist bei Datenschützern umstritten, wenn ein ökonomischer Zwang ausgeübt wird. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kommentierte bereits im März nach der Vorstellung der T-Systems-Technik: "Ein freiwilliger Einbau von Event Data Recordern begegnet keinen grundlegenden Datenschutzbedenken. Dabei ist sicherzustellen, dass die Einwilligung tatsächlich freiwillig ist und dass auf KFZ-Halter und Fahrer auch kein ökonomischer Zwang ausgeübt wird – etwa durch Versicherungsgesellschaften. Im gewerblichen Bereich muss der Arbeitnehmerdatenschutz (keine Dauerbeobachtung am Arbeitsplatz) beachtet werden." (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)