Datenschutz: Kritik an "Personenkennziffer" aus Kontonummer und Steuer-ID

Laut Jahressteuergesetz soll die Steuer-ID mit Kontoverbindungsdaten zusammengeführt werden, um etwa das Klimageld zahlen zu können. Datenschützer sind dagegen.

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(Bild: Neosiam32896395/Shutterstock.com)

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Wie kann der Staat seinen Bürgern am einfachsten Geld zukommen lassen wie etwa die mit der Gas-, Wärme- und Strompreisbremse verknüpften Ausgleichszahlungen? Der Gesetzgeber setzt dafür unter anderem darauf, dass das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die seit Jahren umstrittene einheitliche Steuer-Identifikationsnummer bis 2024 mit der internationalen Kontonummer (IBAN) sowie gegebenenfalls dem BIC verknüpfen soll. Doch dieser vom Bundestag Anfang Dezember mit dem Jahressteuergesetz 2022 beschlossene Ansatz ist heftig umstritten.

So macht der Bund der Steuerzahler Druck, das Vorhaben schleunigst in die Tat umzusetzen: "Dies ist notwendig, um in Zukunft staatliche Leistungen, vergleichbar mit der Energiepreispauschale im September und Dezember des vergangenen Jahres, an die Bürger auszahlen zu können", erklärte Daniela Karbe-Geßler, die bei der Interessenvertretung für Steuerpolitik zuständig ist, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ohne diese Möglichkeit müssten andere Stellen den Ausgleich übernehmen, so wie 2022 die Rentenversicherung oder die Arbeitgeber. Aktuell moniert die Lobby, dass das versprochene "Klimageld" bei vielen Empfangsberechtigten noch nicht auf dem Konto angekommen sei.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber appellierte dagegen schon während des Gesetzgebungsverfahrens im Herbst vergeblich an die Abgeordneten, die Klausel zu überarbeiten und "verfassungsgemäße, mildere Mittel wie die Nutzung bereichsspezifischer Lösungen" oder den Rückgriff auf bereits vorhandene Datenbestände vorzusehen. Das Ziel, staatliche Direktzahlungen möglichst unkompliziert zu gestalten, sehe auch er zwar als "gesellschaftlich überragend wichtig an". Leider habe die Bundesregierung mit ihrem Entwurf dafür aber einen "datenschutzrechtlich nicht optimalen Weg gewählt".

Bereits mit dem Registermodernisierungsgesetz sei die Steuer-ID zu einer Identifikations- und Bürgernummer für allgemeine Zwecke außerhalb der Finanzverwaltung geworden, moniert Kelber in dem heise online vorliegenden Schreiben an den Finanzausschuss des Bundestags. Schon dies komme der Einführung eines bereichsübergreifenden Personenkennzeichens gleich, was das Bilden von Profilen "übermäßig" erleichtere und so "den besonders geschützten geistigen Innenraum" der Bürger gefährde. Es gebe keine hinreichenden Hürden, um Missbrauch effektiv zu verhindern. Neben Datenschützern waren vor zwei Jahren etwa auch Forscher, Sachverständige und Bürgerrechtler gegen die Reform Sturm gelaufen.

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Mit der Änderung im Jahressteuergesetz wird diese an sich schon verfassungsrechtlich kritische Situation laut dem Kontrolleur verschärft. Die dauerhafte Zusammenführung der Steuer-ID sowie der Identifikationsdaten gemäß der überarbeiteten Abgabenverordnung mit der zuletzt verwendeten IBAN beim BZSt "erhöht deren Erfassbarkeit durch eine neugewonnene Verlässlichkeit bei der Zuordnung und Weiterverarbeitung, dies gepaart mit einer stark herabgesenkten Hemmschwelle zur Weiternutzung". Nach den Maßstäben der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Volkszählungsurteil greife dies "massiv in das grundrechtlich abgesicherte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein". Die Grünen hatten 2021 noch moniert, dass die Frage der Verfassungskonformität aufgrund der Steuer-ID wie ein Damoklesschwert über der Registerumstellung hänge.

(bme)