Peter Kirstein erhält Postel-Award

1973 hatte Kirstein vom University College London (UCL) aus eine der ersten internationalen Verbindungen zum US-Arpanet hergestellt.

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Von
  • Monika Ermert

Der britische Arpanet-Pioneer Peter Kirstein erhält den diesjährigen Jon-Postel-Award. Kirstein nahm den mit 20.000 Dollar dotierten Preis samt einer gravierten Kristallkugel beim 57. Treffen der Internet Engineering Task Force (IETF) in Wien aus den Händen von Steve Crocker, Vorstandsmitglied der Internet Society, entgegen. Der Preis wird für "eine besondere Mischung aus technischer Exzellenz, Dienst für die (Netz-)Gemeinschaft und der Unterstützung und Förderung anderer" vergeben, sagte Crocker in der Laudatio. Kirstein ist der fünfte Preisträger und nach dem deutschen Daniel Karrenberg der zweite Europäer, der den nach Jon Postel, dem legendären "Gottvater" des Internet, benannten Preis erhält.

1973 hatte Kirstein vom University College London (UCL) über das Norwegian Seismic Array in Kjeller eine der ersten internationalen Verbindungen zum US-Arpanet hergestellt. Ein Satellitenlink, finanziell unterstützt unter anderem von der Britischen Post, stellte die Verbindung zwischen London und Kjeller her. Mit 9,6 kBit/s tauschten die britischen Wissenschaftler die ersten Datenpakete mit den US-Kollegen aus. Das UCL bekam die Chance dazu vor allem deshalb, weil auf Grund der damals auf den Anschluss an den europäischen Wirtschaftsraum ausgerichteten nationalen Politik dem National Physical Laboratory (NPL), das selbst ein kleines paketbasiertes Netz betrieben hatte, die Hände für das Engagement im US-amerikanischen Arpanet gebunden waren.

"Alles was mit Europa zu tun hatte, war gut, alles, was mit den USA zu tun hatte, war schlecht", berichtete Kirstein, der kürzlich von der Queen zum "Commander" ernannt wurde, in seiner Rede anlässlich der Preisverleihung. Allerdings war es eine private Investition des von dem Projekt überzeugten "Laboratory Superintendenten" Donald Davies in Höhe von 5000 Pfund, die dem Projekt auf die Beine half. Die britischen Universitäten mochten sich wegen möglicher Vorteile für die Universität London nicht beteiligen; ein großer britischer Computerhersteller ließ mitteilen, dass man "mehr von einem zweiwöchigen Aufenthalt in den USA hat als von einem physikalischen Link".

Noch einmal drohte das Projekt zu scheitern, und zwar an der Mehrwertsteuer-Forderung des britischen Fiskus für den aus den USA gelieferten Terminal Interface Prozessor. Die Forderung hätte Davies gesamte 5000 Pfund aufgefressen. Der von Kirstein ersonnene Ausweg aus dem Schlamassel hatte weitreichende Konsequenzen: Durch die Versicherung, dass alles Material dem US-Verteidigungsministerium gehöre, wurde der britische Internet-Start nicht nur von der Steuer befreit, sondern konnte alle späteren Versuche britischer Ministerien, das Projekt zu übernehmen, mit dem Hinweis auf die horrende potenzielle Steuernachforderung abwehren.

Kirsteins persönliches Engagement hat die ISOC zu ihrer Wahl veranlasst: So leitete er lange Zeit das Networking Panel der Nato, war Berater der GMD und des indischen Bildungs- und Forschungsnetzes und verwaltete die Domains .uk sowie .int in der Startphase des Internet. "Und seine Anstrengungen gehen weiter mit seinem aktuellen Engagement im Südkaukasus und den zentralasiatischen Ländern," lobt die ISOC. In das "Projekt Seidenstraße" , das die seit kurzem unabhängigen Länder von West- und Zentralasien per Satellit ans Netz bringen soll, dürfte auch das Preisgeld gehen. (Monika Ermert) / (jk)