Pilotprojekt in Ostsachsen: Mehr Wahlfreiheit durch Hybridunterricht
Seit rund einem Jahr nehmen drei Gymnasien in Ostsachsen an einem Pilotprojekt teil. Durch Hybridunterricht bleiben einige Leistungskurse erhalten.
Der Fachkräftemangel und geringe Schülerzahlen machen sich in manchen Regionen stark bemerkbar. Unter anderem in Sachsen wird deshalb Hybridunterricht erprobt, um Schülerinnen und Schülern auch weiterhin die Möglichkeit zu geben, in höheren Klassen Wunschfächer zu belegen.
Wie die dpa berichtet, habe das sächsische Kultusministerium eine erste positive Bilanz des circa ein Jahr laufenden Pilotprojekts gezogen. Laut Ministerium sei das Modell gerade in ländlichen Gebieten geeignet, bei geringen Schülerzahlen ein attraktives Angebot an Leistungskursen in der Abiturstufe aufrechtzuerhalten. Das träfe insbesondere auch auf naturwissenschaftliche Fächer zu, für die dringend Nachwuchs benötigt werde.
Zu wenige Schüler für bestimmte Leistungskurse
Seit dem Schuljahr 2022/2023 werde der Physik-Präsenzunterricht des Görlitzer Joliot-Curie-Gymnasium per Videoschaltung ans Friedrich-Schleiermacher-Gymnasium in Niesky übertragen. Zugleich verfolgen Schüler in Weißwasser, am Landau-Gymnasium, via Bildschirm den Biologie-Unterricht am Gymnasium in Niesky. Dem Ministerium zufolge seien die Jugendlichen von dem Angebot begeistert, da sie so ihre Wunschfächer belegen konnten. In Niesky wäre ohne das Projekt mit vier Schülern kein Leistungskurs für Physik zustande gekommen. In Weißwasser hätte es mit nur zwei Schülern nicht für einen Kurs in Biologie gereicht.
Laut Ministerium müssen in Sachsen mindestens zehn Schülerinnen und Schüler für ein Fach zusammenkommen, damit überhaupt ein Leistungskurs in der gymnasialen Oberstufe angeboten werden kann. Das werde in ländlichen Regionen und vor allem im grenznahen Raum aufgrund rückläufiger Schülerzahlen zunehmend schwerer. Ein eingeschränktes Kursangebot sei immer häufiger die Folge.
Entscheidung für Hybridunterricht liegt bei Schule
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) erklärte vor knapp einem Jahr zum Pilotprojekt in Ostsachen: "Wir müssen die Chancen des Hybridunterrichtes nutzen, um das Bildungssystem auch in Zeiten sinkender Schülerzahlen zukunftsfähig zu machen." Nun bilanziert er, dass das Pilotprojekt bisher ein Erfolg sei. Er hofft: "Die bisherigen positiven Erfahrungen motivieren vielleicht auch andere Schulen, diesen Weg zu gehen." Ob Schulen Hybridunterricht anbieten, werde ihnen überlassen. Er solle dem Ministerium zufolge nicht zentral angeordnet werden, da solche Projekte nur dann erfolgreich seien, wenn das Engagement von den Schulen selbst ausgehe.
Für Anfang des Jahres plane das Ministerium eine Informationsveranstaltung für interessierte Einrichtungen aus dem Freistaat. Dabei sollen Bedingungen und Abläufe des Hybridunterrichts in Ostsachsen vorgestellt werden. In den drei Gymnasien in Ostsachsen werden wöchentlich drei Stunden online unterrichtet. Zwei weitere Stunden pro Woche, die für Experimente und praktische Versuche vorgesehen sind, halte die Lehrkraft immer live vor Ort. Trotz höheren Aufwands, etwa auch zur technischen Vorbereitung der Videoübertragung, schätzten die beteiligten Pädagogen das Projekt als "sehr erfolgreich" ein, schreibt die dpa.
Bundesweite Probleme
Im November 2022 hieß es, dass nach der Schülerprognose des Statistischen Landesamtes die Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2035/36 voraussichtlich nur in der Region Leipzig und in den kreisfreien Städten Chemnitz und Dresden ansteigen werden. Alle übrigen Landkreise müssten hingegen mit sinkenden Schülerzahlen rechnen.
Auch in Thüringen wird digital gestützter Distanz- oder auch Hybridunterricht erwogen, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, was mit Technikeinsatz möglich sei. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) hatte im Sommer 2022 unlängst eingeräumt, dass der zunehmende Lehrkräftemangel auch mit dem Einsatz von mehr Technik kompensiert werden könne. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) legte im Januar 2023 einen entsprechenden Empfehlungskatalog "zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel" vor. So könnte der Hybridunterricht und digital gestützter Unterricht für höhere Klassen bald zum schulischen Alltag gehören. Die Hoffnung ist, mit den Empfehlungen "den Lehrkräftebedarf unter bestimmten Bedingungen zu senken". Für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II kann das laut Empfehlung bedeuten, dass mehr "Hybridunterricht" und die "Erhöhung von Selbstlernzeiten" eingeführt wird.
(kbe)