Polizeidurchsuchung wegen Link: Kritik an "gezieltem Einschüchterungsversuch"

Der DJV hat die Durchsuchung bei "Radio Dreyeckland" mit scharfen Worten kritisiert. Dort spricht man von einem "unverhältnismäßigem" Vorgehen.

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(Bild: VGV MEDIA/Shutterstock.com)

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Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die Razzien bei dem Freiburger Radiosender "Radio Dreyeckland" als "massiven Verstoß" gegen das Redaktionsgeheimnis kritisiert, der "völlig unverhältnismäßig" sei. Das sagte die Gewerkschaft der dpa und ergänzte, "das wirkt leider wie ein gezielter Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten". Von dem Radiosender selbst heißt es derweil, dass "mehrere Computer, Mobiltelefone und Datenträger" mitgenommen wurden: "Darauf liegen auch sensible, vom Redaktionsgeheimnis geschützte Daten." Die Polizei habe auch Geräte der Lebensgefährtin eines Redakteurs mitgenommen, "die ihren Arbeitslaptop mit sensiblen Daten im Homeoffice nutzt."

Angeordnet worden war die Durchsuchung in den Geschäfts- und Privaträumen von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, wo die Ermittlungen laut dpa von der Staatsschutzabteilung geführt werden. Konkret vorgeworfen wird den Beschuldigten lediglich, in einem Onlineartikel das Archiv der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" verlinkt zu haben. Das hat die Staatsanwaltschaft auf Anfrage von heise online bestätigt. Die Internetplattform wurde im Juli 2017 verboten, die dazugehörige Seite ist aber weiterhin erreichbar und fungiert als "Archiv". Der Autor des beanstandeten Artikels schreibt nun, das sei von der Staatsanwaltschaft als unzulässige Weiterverbreitung gewertet worden. Dabei liefere bereits eine kurze Recherche eine Vielzahl solcher Verlinkungen bei anderen Medien.

Laut dpa wurden zwei Durchsuchungsbeschlüsse in Privatwohnungen vollzogen, in den Geschäftsräumen des Radiosenders seien keine Gegenstände beschlagnahmt worden. Die Durchsuchung der Geschäftsräume habe der Autor des Artikels laut Bericht der Tageszeitung taz verhindern können – und zwar, indem er der Polizei mitteilte, dass er den Artikel auf seinem Laptop verfasst habe. Daraufhin sei auf die Beschlagnahmung verzichtet worden. Die Staatsanwaltschaft erklärte in ihrer Pressemitteilung: "Das Betreten der Betriebsräume durch Ermittlungsbeamte erfolgte mit Zustimmung der beschuldigten Personen."

Abgesehen von der "unzulässigen Verbreitung" sei den Berichten nach auch die Illustration des Artikels als eine "unterstützende Tendenz" gewertet worden. Es habe sich um das Foto eines Graffitos an einer Hauswand gehandelt, das allerdings "journalistisch kontextualisiert" worden sei, kritisierte der Autor des Artikels. Selbst wenn das als Straftat gewertet würde, habe es verhältnismäßigere Reaktionen gegeben. Der Eingriff in die Pressefreiheit sei "vollkommen unverhältnismäßig und nicht hinnehmbar". Man verlange eine sofortige Herausgabe der Geräte.

Die Internetplattform "linksunten.indymedia" wurde 2017 verboten, Sicherheitsbehörden galt sie als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland – und als Forum für gewaltbereite Autonome. Bei dem Verbotsverfahren hatten die Sicherheitsbehörden einen Kniff angewandt: Förmlich handelte es sich um ein Vereinsverbot – die Betreiber wurden von den Behörden als Verein eingestuft.

Dagegen reichten mehrere Personen Klage ein, die Existenz des Vereins bestritten sie aber. Deswegen scheiterten sie 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen, denn zur Anfechtung eines solchen Verbots sei "regelmäßig nur die Vereinigung" befugt. Dagegen wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. "Radio Dreyeckland" ist der älteste freie Radiosender Deutschlands, er war in den 1980er-Jahren aus der Anti-Atomkraft-Bewegung entstanden.

(mho)