Produktion bei BenQ Mobile soll fortgesetzt werden

Während der vorläufige Insolvenzverwalter die Produktion aufrecht erhalten will, üben Politiker und Gewerkschafter weiter heftige Kritik an BenQ und Siemens.

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  • dpa

Nach der Pleite der früheren Siemens-Handysparte mit 3000 Beschäftigten in Deutschland soll die Produktion von BenQ Mobile möglichst lange fortgesetzt werden. "Wir werden die Situation vor Ort prüfen und alles daran setzen, den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Martin Prager am Freitag in München. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und IG-Metall-Chef Jürgen Peters kritisierten den taiwanischen BenQ-Konzern, der seiner deutschen Tochter am Vortag den Geldhahn zugedreht hatte, und nahmen zudem Siemens als früheren Besitzer in die Pflicht. BenQ verteidigte die Entscheidung als unausweichlich.

Der Insolvenzantrag von BenQ Mobile ging am Freitagmorgen beim Münchner Amtsgericht ein. Von der Pleite sind mindestens 1600 Beschäftigte in der Fertigung in Nordrhein-Westfalen direkt betroffen. Hinzu kommen 1400 Mitarbeiter in der Zentrale in München. Im Zuge der Insolvenz von BenQ hat nach Angaben der IG Metall auch das Serviceunternehmen Inservio GmbH Insolvenz angemeldet. Davon sind laut Gewerkschaft etwa 260 Mitarbeiter in Bocholt betroffen. Inservio war erst zum 1. Juli aus dem BenQ-Konzern ausgegründet worden. Das Unternehmen ist für BenQ als Reparatur- und Servicedienstleister tätig.

Das taiwanische Unternehmen sprach in Taipeh von einer "schmerzhaften Entscheidung". Sie sei aber unvermeidlich gewesen, da man seit der Übernahme der Handysparte von Siemens rund 840 Millionen Euro Verlust gemacht habe, sagte ein Unternehmenssprecher. Alle Versuche, die Verluste zu stoppen, seien fehlgeschlagen. BenQ hatte das Siemens-Handygeschäft vor genau einem Jahr für einen symbolischen Kaufpreis übernommen. Siemens gab noch einen dreistelligen Millionenbetrag als Mitgift. "Wir sind sehr betroffen von der Entwicklung, und es ist für uns unverständlich, dass BenQ Mobile in Deutschland einen Insolvenzantrag gestellt hat", sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld am heutigen Freitag. Man habe auf die Zusagen von BenQ vertraut, die Produktion in Deutschland langfristig aufrechtzuerhalten. Siemens will nun rechtliche Schritte gegen BenQ prüfen.

Rüttgers versprach den Beschäftigten bei einem Besuch im Werk Kamp-Lintfort: "Wir wollen alles tun, dass sich für Sie und Ihre Familien wieder eine neue Perspektive eröffnet." Vertreter der IG Metall empfahlen den Beschäftigten, von Siemens Schadenersatz zu fordern. Sie fühlen sich von Deutschlands größtem Elektrokonzern getäuscht. IG-Metall-Chef Peters kritisierte die beiden Unternehmen scharf. "Der Umgang von Siemens und BenQ mit den Beschäftigten ist empörend", sagte er. "Die Menschen sind von den Konzernen doppelt hintergangen worden: Erst werden die Beschäftigten erpresst, um die Arbeitskosten zu senken, und dann soll doch die Schließung folgen." Noch zu Siemens- Zeiten hatten sich die Beschäftigten in der Handyfertigung auf Gehaltseinbußen eingelassen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.

Heftige Kritik kam auch von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). Bei der Übernahme im vergangenen Jahr habe BenQ ein längerfristiges Engagement in Deutschland angekündigt, sagte Stoiber in München. "Hier ist der unternehmerische Anstand durch BenQ eklatant verletzt. Man tut so etwas einfach nicht, über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg kurzen Prozess zu machen." Zugleich kündigte Stoiber weitere Gespräche mit Siemens über Möglichkeiten zum Erhalt von Arbeitsplätzen an. Man stehe auch in Kontakt mit dem Insolvenzverwalter. Am kommenden Montag will Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) zudem zu Gesprächen mit Vertretern des BenQ-Mobile-Betriebsrates sowie von Gewerkschaften zusammenkommen.

Die SPD forderte politische Konsequenzen. Die Beschäftigten seien zum "Spielball unseriöser Unternehmer" geworden, kritisierte SPD- Generalsekretär Hubertus Heil in Berlin. Es sei ein Skandal, dass BenQ die Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit entlasse, statt das Geschäft zu sanieren. "Es drängt sich der Eindruck auf, dass Siemens sich billig arbeitsrechtlichen Verpflichtungen und Insolvenzanforderungen entledigen wollte."

Unterdessen sollen die BenQ-Beschäftigten bei Bewerbungen im Elektrokonzern Siemens gegenüber externen Kandidaten bevorzugt behandelt werden. Voraussetzung sei allerdings, dass sie betriebsbedingt gekündigt seien, bei Siemens geeignete Stellen frei seien und die Bewerber dem Anforderungsprofil entsprächen, sagte ein Siemens-Sprecher und konkretisierte damit einen Bericht der "WirtschaftsWoche". Dann würden solche Beschäftigte wie interne Kandidaten behandelt. Eine entsprechende Vereinbarung sei beim Übergang der ehemals zu Siemens gehörenden Handysparte an BenQ im Jahr 2005 geschlossen worden. Die Vereinbarung gelte bis zum 30. September 2008, sagte der Sprecher. (dpa) / (vbr)