RIAA-Chef im Zwist mit U2-Manager über Verantwortung der Provider

Während Paul McGuinness, Manager der Popgruppe U2, dafür eintritt, dass Internet Service Provider für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden, setzt der Präsident des Musikwirtschaftsverbands RIAA eher auf freiwillige Maßnahmen.

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Der Verband der US-amerikanischen Musikindustrie und die Popgruppe U2 sind sich einig darin, dass Musik zwar weiterhin beliebt ist, der Hörgenuss aber immer weniger vom Publikum honoriert wird. Unterschiedliche Auffassungen hegen der RIAA-Präsident Cary Sherman und der Manager der Band Paul McGuinness hingegen darüber, welche Verantwortung dabei den Internet Service Providern zukommt. McGuinness hatte auf der Musikmesse Midem in Cannes diese Woche gefordert, damit die Musikindustrie sich aus ihrer Krise freistrampeln könne, dürften die Provider nicht länger von der illegalen Verbreitung urheberrechtlich geschützter Stücke profitieren. Sie sollten "Piraten" vom Betrieb ausschließen und Filter anwenden. Sherman sieht hierfür keinen Bedarf und führt die unterschiedlichen Meinungen auf unterschiedliche Sichtweisen dies- und jenseits des großen Teichs zurück.

"Paul ist Europäer", sagte Sherman laut einem CNet-Bericht während der Konferenz "State of the Net" in Washington, D.C., "in Europa werden Regulierungen eher ins Auge gefasst". Die Musikindustrie hält am Digital Millennium Copyright Act (DMCA) fest und sieht es daher eher gern, wenn die Provider freiwillig filtern, wenn sie Takedown Notices, also Benachrichtigungen der Urheberrechtsinhaber bekommen. Derlei hat als erster Provider AT&T im vergangenen Sommer angekündigt. Der Konkurrent Verizon meint hingegen, solche Filtermaßnahmen bärgen Risiken für die Privatsphäre der Nutzer und könnten Begehrlichkeiten von weiteren Branchen wecken.

McGuinness hatte als Argument für die unlauteren Motive vieler Internetnutzer die von der britischen Band Radiohead im vergangenen Oktober gestartete Download-Kampagne herangezogen. Obwohl deren neues Album In Rainbows auf der Website der Band kostenlos heruntergeladen werden konnte, seien die meisten Downloads über P2P-Systeme wie BitTorrent und LimeWire absolviert worden. "Der Kunde will Musik stehlen", lautete das Fazit des U2-Managers. Auch argumentierte McGuinness gegen werbefinanzierte Modelle, denn in der Vergangenheit, als die Plattenfirmen den Künstlern die Tantiemen kürzten, um in die seinerzeit neue CD-Technik zu investieren, habe sich die Musikindustrie nicht ausreichend transparent verhalten. Hier müsse die Musikindustrie bei den Musikern Vertrauen zurückgewinnen.

Hoffnung setzt McGuinness in Apple-Chef Steve Jobs, der mit dem iPod die Welt verändert habe. Seit dem Verkauf seiner Firma Pixar übe er Kontrolle über Disney und ABC Television aus, das sollte seine Sichtweise ändern, da er nunmehr auch im Vorstand eines Content-Produzenten sitze. Der U2-Manager, der 2004 mit Apple einen iPod-Vermarktungsgeschäft schloss, wünscht sich, dass Jobs seine "enormen Fähigkeiten" einsetzt, um an den Problemen der Musikindustrie zu arbeiten. Vermutlich werde es demnächst einen drahtlosen iPod geben, der überall auf jedwede Musik zugreifen wird. Künftig würden die Kunden nicht für den Besitz digitaler Werke zahlen, sondern für den Zugang zu ihnen.

Die US-amerikanische Musikindustrie setzt offenbar weiterhin auf Abschreckung. Sie unterstützt einen Anfang Dezember 2007 ins Repräsentantenhaus eingebrachten Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Sanktionen gegen urheberrechtliche Vergehen. Sherwin Sly von der Organisation Public Knowledge, die sich für die "digitalen Rechte der Bürger" in Washington einsetzt, hat bei einem Runden Tisch des Copyright Office zu dem Thema allerdings den Eindruck gewonnen, dass die Musikindustrie mit ihrer Unterstützung weitgehend allein steht. Jedenfalls erfahre die Gesetzesinitiative weder von Seiten des Justizministeriums noch der Handelskammer kräftige Unterstützung, berichtet er in seinem Weblog. (anw)