Recht auf Reparatur: "Schritt in die richtige Richtung – aber nicht weit genug"

Das Bündnis Right to Repair beklagt, dass das von den EU-Gremien vereinbarte Recht auf Reparatur fast nur für weiße Ware gilt und Anreize für Ersatz groß sind.

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Vor allem "weiße Ware", also Haushaltsgeräte wie diese Waschmaschine, werden derzeit vom Recht auf Reparatur erfasst.

(Bild: adriaticfoto/Shutterstock.com)

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Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Ministerrats und der Kommission feiern die Richtlinie für ein Recht auf Reparatur, auf die sie sich in der Nacht zum Freitag prinzipiell einigten, als Durchbruch für die Verbraucher und die Kreislaufwirtschaft. Auch das Bündnis Right to Repair Europe, dem sich über 130 Organisationen wie das Europäische Umweltbüro, der Runde Tisch Reparatur, Restart oder Back Market angehören, spricht von einem "Sprung nach vorne". So führten die EU-Gesetzgeber etwa Regeln für angemessene Preise für Originalteile ein und untersagten Softwarepraktiken, die unabhängige Reparaturen und die Verwendung kompatibler und wiederverwendeter Ersatzteile – etwa aus 3D-Druckern – verhinderten. Letztlich handle es sich aber um "kleine Gewinne mit überschaubaren Auswirkungen".

Die Allianz kritisiert etwa, dass die neuen Vorschriften nur für Produkte gelten, für die im EU-Recht schon Reparaturanforderungen mit dem Ökodesign-Ansatz festgelegt sind. Das sind Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Kühlschränke, Bildschirme, Schweißgeräte, Server, Smartphones und Tablets sowie bald auch Staubsauger. Das Parlament wollte diese Liste vor allem um Fahrräder erweitern, doch die EU-Länder waren dagegen und setzten sich letztlich durch. Right to Repair fordert daher eine umfassendere Initiative während der nächsten Legislaturperiode, der weitere Produktkategorien abdeckt. Bedauerlicherweise sehe das Gesetz auch keinen breiteren Zugang zu detaillierteren Reparaturinformationen und mehr Ersatzteilen vor.

Um den Reparaturprozess zu erleichtern, soll die Kommission eine europäische Online-Plattform mit nationalen Sektionen einrichten. Über dieses Portal können Verbraucher dem Plan nach künftig in jedem Mitgliedsstaat lokale Reparaturwerkstätten, Verkäufer generalüberholter Waren, Käufer defekter Artikel oder von der Gemeinde geführte Initiativen wie Reparaturcafés finden. Das Parlament legte auch Wert darauf, Reparaturen für Verbraucher deutlich erschwinglicher zu machen. Die Unterhändler waren sich einig, dass jedes EU-Land mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen einführen muss wie Gutscheine, Kurse, Informationskampagnen oder die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Reparaturleistungen, wenn dies mit nationalem Recht vereinbar ist. Hierzulande gibt es immer wieder Appelle, einen bundesweiten Reparaturbonus für Elektrogeräte nach dem Vorbild Thüringens einzuführen.

Die Richtlinie verpflichtet Verkäufer auch, Reparaturen anzubieten, wenn Produkte während der gesetzlichen zweijährigen Gewährleistungsfrist versagen. Im Anschluss verlängert sich der Gewährleistungsanspruch um ein Jahr. Right to Repair sieht das positiv. Der Ansatz bleibe aber hinter dem Ersatzangebot, das derzeit mit einer zusätzlichen gesetzlichen Gewährleistungsdauer von zwei Jahren einhergeht, "immer noch minderwertig": Verbraucher würden sich daher "eher für einen Austausch als für eine Reparatur entscheiden". Der EU-Verbraucherschutzverband Beuc lobt diesen Kompromiss dagegen: Reparaturen sollten ihm zufolge "nachdrücklich gefördert, aber nicht den Verbrauchern aufgezwungen werden". Nicht jede Ware könne ordnungsgemäß ausgebessert werden, "wenn der Schaden zu groß ist".

Auf Wunsch des Verbrauchers können Werkstätten ein standardisiertes Angebot oder einen Kostenvoranschlag in Form eines "Europäischen Reparaturinformationsformular" machen, das verbindliche Auskünfte wie die Art der Ausbesserungen und deren Preis enthält. "Wir sind auf dem richtigen Weg – aber diese Richtlinie reicht nicht aus", resümiert Mathieu Rama von der Environmental Coalition on Standards (Ecos). Tabea Rößner, Vorsitzende des Digitalausschusses des Bundestags, mahnt: Mit der kommenden Richtlinie vor Augen "sollte auch die Bundesregierung aktiv werden und das im Koalitionsvertrag vereinbarte Recht auf Reparatur in eine nationale Umsetzung überführen und an wichtigen Stellen nachschärfen. Nur so können wir die Lücken zu einer konsequenten Kreislaufwirtschaft, mehr Nachhaltigkeit und zu wirksamem Verbraucherschutz effektiv schließen." Bislang konnte sich die Exekutive noch nicht auf das vorgesehene Aktionsprogramm "Reparieren statt Wegwerfen" einigen.

(nie)