Ohne menschliche Piloten: Airbus testet Passagierflugzeug mit autonomer Landung

Mit DragonFly hat Airbus ein System vorgestellt, das in Notfällen autonom ohne menschlichen Piloten einen nahen Flughafen ansteuern und landen können soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 238 Kommentare lesen

(Bild: Airbus)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Autopiloten sind in Flugzeugen seit Langem gang und gäbe. Bisher werden sie in der Regel aber nur eingesetzt, um nach dem Start und vor der Landung den menschlichen Piloten etwa bei monotonen und ermüdenden Aufgaben zu entlasten und den Kurs zu halten. Auch vollautomatische Landungen bei schlechten Sichtverhältnissen etwa aufgrund von Nebel gehören mittlerweile zu den Anwendungsgebieten. Airbus will die Technik nun verfeinert und soweit entwickelt haben, dass sie zu jeder Zeit autonom einen Flughafen in der Nähe auswählen, eine Landung schaffen und per Rollunterstützung ein Passagierflugzeug auch sicher auf dem Boden bis zum Gate bringen kann.

UpNext habe als hundertprozentige Tochtergesellschaft "mit der Erprobung neuer Technologien zur Pilotenunterstützung am Boden und während des Flugs an einem A350-1000-Testflugzeug begonnen", teilte der europäische Luftfahrtkonzern am Donnerstag mit. Das unter dem Namen DragonFly ("Libelle") entwickelte System beherrsche auch "automatische Notausweichmanöver im Reiseflug". Die Tests zielten darauf ab, "die Machbarkeit und Relevanz der weiteren Erforschung autonomer Flugsysteme zur Unterstützung eines sichereren und effizienteren Betriebs zu bewerten".

Während erster Experimente waren die entwickelten Verfahren laut Airbus in der Lage, "die Piloten während des Flugs, bei der Bewältigung eines simulierten Ausfalls eines Besatzungsmitglieds sowie bei der Landung und beim Rollen zu unterstützen". Unter Berücksichtigung externer Faktoren wie Flugzonen, Gelände und Wetterbedingungen sei es möglich gewesen für den Computer, einen neuen Flugplan zu erstellen und sowohl mit der Flugverkehrskontrolle als auch mit dem Betriebskontrollzentrum der Fluggesellschaft zu kommunizieren.

Offen ließ der Konzern zunächst, wie das System im Flugzeug quasi im Alleingang mit der Flugsicherung kommuniziert, um eine Freigabe für den kontrollierten Luftraum zu erhalten. Dafür sei in der Regel noch eine verbale Interaktion zwischen Menschen erforderlich, schreibt "The Register".

"In dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Besatzung nicht mehr in der Lage ist, das Flugzeug zu steuern, kann DragonFly den Flug zum nächstgelegenen geeigneten Flughafen umleiten und eine sichere Landung ermöglichen", führt Airbus aus und veröffentlichte dazu auch ein Demo-Video. Das System konzentriere sich "auf drei Schlüsselbereiche, die jeweils auf einer Kombination aus während des Flugs erfassten Daten und einem umfangreichen Korpus von Fluginformationen beruhen". Dabei gehe es darum, "eine automatisierte und intelligente Entscheidungsfindung zu fördern".

Natürlich seien Flugwege und äußere Faktoren komplex und änderten sich oft, räumt der Konzern ein. Wie eine Libelle scanne DragonFly aber die Umgebung ständig und passe die Reise entsprechend an. Es handle sich um "biologisch inspirierte Technik" alias Biomimikry. Eine Libelle habe ein phänomenales Sehvermögen mit Rundumblick und könne Landmarken erkennen, "die ihr wiederum helfen, ihre Reviergrenzen zu definieren". Die nach Vorbild des Insekts entwickelten und getesteten Systeme seien "in ähnlicher Weise darauf ausgelegt, Merkmale in der Landschaft zu überprüfen und zu erkennen, die es dem Flugzeug ermöglichen, in seiner Umgebung zu 'sehen' und sicher zu manövrieren".

Airbus beschreibt DragonFly als "ein System, das Sensoren, Computer-Vision-Algorithmen und robuste Führungsberechnungen kombiniert, um die Landung bei schlechter Sicht oder schwierigen Wetterbedingungen zu erleichtern". Mit der Zeit könnte die Technik es dem Flugzeug ermöglichen, "auf jedem beliebigen Flughafen der Welt zu landen". Dies sei unabhängig davon, "ob dieser mit der derzeit für die automatische Landung verwendeten Bodentechnologie ausgestattet ist". Wenn DragonFly die Crew schließlich auch beim Landen, auf dem Weg zum Gate und beim Aussteigen unterstütze und dabei "Navigation und Kontrolle" übernehme, könne sich die Besatzung besser parallel "auf andere wichtige Aufgaben konzentrieren".

Drei Monate soll nun die finale Testphase von DragonFly dauern. Die vorgesehen weiteren Demonstrationsflüge werden es Airbus UpNext dem Plan nach erlauben, die Technologie gegebenenfalls zu aktualisieren und Verbesserungen sonst auch "in zukünftige Programme zu integrieren". Funktionen für die Assistenz auf dem Rollfeld lotete das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits "unter Echtzeitbedingungen" am Flughafen Toulouse-Blagnac aus. Dabei ging es etwa um akustische Warnungen bei Hindernissen, die automatische Geschwindigkeitskontrolle und die Führung zur Landebahn über eine spezielle Flughafenkarte.

Das Pilotprojekt erfolgt in Zusammenarbeit mit Airbus-Tochtergesellschaften und externen Partnern wie Cobham, Collins Aerospace, Honeywell, Onera und Thales. Die französische Zivilluftfahrtbehörde förderte DragonFly im Rahmen des nationalen Konjunkturprogramms im Rahmen der EU-Coronahilfe "Next Generation EU". UpNext plant auch ein Projekt, um Algorithmen für die Lande- und Rollhilfe auf Basis von Computererkennung zu verbessern.

(bme)