Rundfunkgebühren-Festsetzung verfassungswidrig

ARD, ZDF und Deutschlandradio haben erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Festsetzung der Rundfunkgebühren für die laufende Periode geklagt.

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Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio haben erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Festsetzung der Rundfunkgebühr für den Zeitraum 1. April 2005 bis 31. Dezember 2008 geklagt. Das hat das oberste deutsche Gericht nun entschieden. Die Gebührenfestsetzung, mit der der Gesetzgeber um 28 Cent unter der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlenen Gebühr geblieben war, verletzt nach Meinung der Richter die Rundfunkfreiheit (Az. 1 BvR 2270/05).

Den Verantwortlichen in den Bundesländern schrieb das Bundesverfassungsgericht deutliche Worte ins Stammbuch: "Die Gründe, auf die sich der Gesetzgeber für die Abweichung vom Gebührenvorschlag der KEF beruft, haben teilweise bereits als solche vor der Rundfunkfreiheit keinen Bestand. In anderen Teilen sind sie nicht hinreichend nachvollziehbar oder gehen sogar von offensichtlich falschen Annahmen aus." Die Festsetzung der Rundfunkgebühr müsse "frei von medienpolitischen Zwecksetzungen erfolgen", hielten die Richter fest. Der Grundsatz der "Trennung zwischen der medienpolitischen Konkretisierung des Rundfunkauftrags und der Gebührenfestsetzung" solle gewährleisten, dass das Risiko einer "mittelbaren Einflussnahme auf die Wahrnehmung des Programmauftrags" ausgeschlossen und "die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten" gesichert sei. Die Öffentlich-Rechtlichen haben aber ohne Erfolg gegen die Ergänzung der Kriterien geklagt, nach denen die KEF die Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten prüfen muss.

Die Bundesländer hatten sich bei der Festsetzung der Abgaben im 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag für die laufende Periode erstmals nicht an die Empfehlung der KEF gehalten. Zum 1. April 2005 erhöhten sich die Rundfunkgebühren um 88 Cent auf 17,03 Euro, statt um die von der KEF empfohlenen 1,09 Euro. Da die neue Periode schon am 1. Januar 2009 beginnt, sei es verfassungsrechtlich hinnehmbar, bis dahin die Gebühr nicht neu festzulegen, entschied das Gericht. Bei der anstehenden Neufestsetzung müsse aber gewährleistet werden, dass den Sendern ein Ausgleich gewährt wird, falls ihnen für die laufende Periode Mittel entgangen sein sollten, um die künftige Erfüllung des Rundfunkauftrags sicherzustellen. Laut Mitteilung verringern sich die Erlöse aufgrund der verfassungswidrigen Festsetzung um etwa 440 Millionen Euro.

ZDF-Intendant Markus Schächter hebt aus der Begründung des Bundesverfassungsgerichts hervor, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühr frei von medienpolitischen Zwecksetzungen erfolgen müsse. Das Gericht hat seines Erachtens nachdrücklich betont, "dass die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von staatlicher Einflussnahme das Fundament der deutschen Medienordnung ist". Es werde keine rückwirkende Erhöhung der Rundfunkgebühr geben, versichert Schächter. Es sei den Klägern ausschließlich darum gegangen, für das Gebührenverfahren eine eindeutige Rechtsgrundlage zu bekommen. Für den ARD-Vorsitzenden Fritz Raff ist wichtig, "dass die wesentliche Ertragsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterhin frei von sachfremden Erwägungen festzusetzen ist".

Hoffnungen auf eine Niederlage der Öffentlich-Rechtlichen hatten der IT-Branchenverband Bitkom und die Zeitungsverleger gehegt. Der Bitkom fordert eine niedrigere und vereinfachte Rundfunkabgabe, die alle Haushalte und Firmen zahlen. Es gäbe dann keine Schwarzseher mehr und die GEZ könne Bürokratie abbauen, hieß es zur Begründung. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) will, dass Schluss gemacht wird "mit der Praxis der vergangenen Jahre, ständig neue Dienste zu entwickeln und dafür stets eine Erhöhung der Rundfunkgebühren zu fordern".

Die Rundfunkgebühren in Deutschland waren auch von der EU-Kommission begutachtet worden. Sie stellte im April das Beihilfeverfahren über die Rundfunkfinanzierung ein. ARD und ZDF verpflichteten sich aber zu Änderungen und mehr Transparenz, um den im EG-Vertrag verankerten Vorschriften zu staatlichen Beihilfen und deren Anwendung auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk künftig zu entsprechen. (anw)