SPD will "Bandbreite für alle" und die Netzneutralität sichern

Die Sozialdemokraten haben auf ihrem Bundesparteitag Anträge zur Netzpolitik und zum Erhalt des Prinzips des offenen Internets verabschiedet. Unter anderem geht es um einen Breitband-Universaldienst.

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Netzpolitik ist "angekommen" in der deutschen Parteienlandschaft. Und nachdem die Grünen mit ihrem netzpolitischen Beschluss vorlegten, andererseits die Piraten – von vielen als eine Art "Netzpolitik-Partei" betrachtet – ihr Programm auf allgemeine Themen ausweiteten, der CDU-Politiker Peter Altmeier wiederum den Piraten die eigentliche Netzkompetenz absprach, sind nun die Sozialdemokraten am Zug. Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag in Berlin am heutigen Montag Anträge zur Netzpolitik und zum Erhalt des Prinzips eines offenen Internet verabschiedet. In der umfassenderen Entschließung zu "Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität in der digitalen Gesellschaft", der über eine Adhocracy-Plattform in Kooperation mit über 600 Internetnutzern erstellt wurde, macht sich die SPD unter dem Motto "Bandbreite für alle" unter anderem für einen erweiterten Universaldienst im Telekommunikationsbereich stark. Damit würde die Universaldienstverpflichtung, wie sie etwa für Strom-, Wasser- und Telefonanschluss gilt, auf den Breitbanddienst ausgeweitet werden. So soll kurzfristig die Breitbandversorgung gerade auch im ländlichen Raum sichergestellt werden.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte sich im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) gerade gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen und andere Anreize zum Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen beschlossen. Die Sozialdemokraten halten die Arbeiten insbesondere an der Glasfaserinfrastruktur dagegen für eine "Grundvoraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche ökonomische Entwicklung des Landes".

Unter dem Stichwort "gleiche Zugänge" sollen zudem die Kommunen nach Möglichkeit eine WLAN-Infrastruktur bereitstellen, "die öffentlich und kostenlos zugänglich ist". Sie sollen in Kooperation mit Stadtwerken oder privaten Partnern ausgerollt werden. Generell seien Unternehmenskooperationen zu fördern, "die eine ressourcenschonende Netzinfrastruktur weiterentwickeln, wo Materialkosten und Engergiekosten eingespart werden und dadurch neue Technologie entstehen kann".

Offensiv aufnehmen und verstärkt entwickeln möchten die Sozialdemokraten Formen der direkten Beteiligung von Bürgern über das Internet und so "die Begeisterung für und Aktivierung zur Teilnahme an der Demokratie steigern". Medienkompetenz müsse Pflichtteil jeden Lehrplans werden, heißt es in dem Papier. Eine hohe Bedeutung komme zudem "Community-basierten 'Crowdsourcing'-Modellen zu, in denen Eltern, Kinder und Jugendliche gemeinsam in dialogischer Form das überwältigende Netzangebot strukturieren". Kommunale Beteiligungsmöglichkeiten via Internet sollen ausgebaut werden, um der "Schwarmintelligenz" freien Raum zu lassen. Gemäß dem Open-Data-Prinzip müssten öffentliche, nicht-personalisierte Daten frei verfügbar sein. Zu denken sei auch an "offene Haushalte", mit denen Etats von Kommunen übers Netz transparent würden.

Anerkennen und gestalten will die SPD die weitreichenden Veränderungen, die digitale Medien für Wirtschaft und Arbeit mit sich bringen. Dazu müsse etwa mit leichterer Verfügbarkeit von Wagniskapital, "bürokratiearme Mikrokredite" und durch eine entsprechende Ausbildung eine "Internet-Gründerkultur" gefördert werden. Um dem Fachkräftemangel im Hightech-Bereich zu begegnen, sollen rechtliche Hürden bei der Einwanderung und der Anerkennung von Bildungsabschlüssen beseitigt werden. Für "Solo-Selbständige" sei eine gesonderte Alterssicherung einzuführen.

Themen wie Datenschutz und Urheberrecht, die etwa die Grünen bei ihrem netzpolitischen Beschluss vorige Woche in den Vordergrund rückten, tauchen in dem SPD-Antrag nicht auf; separate Anträge, die unter anderem das endgültige Aus für die Vorratsdatenspeicherung verlangen, sollen im weiteren Verlauf des Parteitrags noch beraten werden. Die Sozialdemokraten machen sich zudem in einem bereits gefassten gesonderten Beschluss (PDF-Datei) für die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität stark. "Die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an der Informationsgesellschaft setzt die Möglichkeit voraus, gleichberechtigt im Internet aktiv zu werden und Zugang zu allen Inhalten zu haben", ist darin nachzulesen. Dafür sei die "grundsätzliche Gleichbehandlung aller Datenpakete unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel" von zentraler Bedeutung.

Ins TKG möchte die SPD so "ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für den Datentransport im Internet aufzunehmen". Das Verlangsamen, Benachteiligen oder Blockieren von Inhalten, Diensten oder Diensteanbietern müsse verhindert werden, macht der Antrag klar. "Inhaltekontrollen durch Netzbetreiber lehnen wir ab." Das klassische "Best-Effort-Internet" dürfe nicht aus marktstrategischen Gründen durch "priorisierte Dienste" zurückgedrängt werden, um ein Zwei-Klassen-Netz zu vermeiden. Gegen ein "differenziertes Netzwerkmanagement" sei aber nichts einzuwenden, um die Funktionsfähigkeit der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeitkritische Dienste auch in Überlastungssituationen in der erforderlichen Qualität bei den Kunden ankommen. Noch auf der Agenda des Parteitags steht ein Antrag zur Vorratsdatenspeicherung. (jk)