Sanktionen gegen russische Raumfahrt: Roskosmos beendet Mitarbeit in Kourou

Russland will das Personal von Europas Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana abziehen. Deutschland schaltet derweil angeblich das Weltraumteleskop eRosita ab.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 239 Kommentare lesen

Der Startplatz der Sojus-Raketen im Nordwesten des Weltraumbahnhofs: Seit 10 Jahren starten die Raketen von Kourou.

(Bild: ESA - S. Corvaja, 2010)

Lesezeit: 3 Min.

Russlands Raumfahrtagentur stellt die Zusammenarbeit mit Europa am Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ein und will ihr Personal abziehen. Das kündigte Roskosmos am gestrigen Samstag an. Wenig später teilte Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin mit, dass die deutschen Verantwortlichen das Instrument eRosita abschalten wollen, das auf dem russischen Weltraumteleskop Spektr-RG installiert ist. Eine Bestätigung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik steht bislang noch aus, auf eine Anfrage von heise online gibt es bislang keine Antwort. Immer deutlicher wird so, wie sehr die internationale Kooperation bei Weltraumprojekten infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine beeinträchtigt wird.

Roskosmos zufolge sind aktuell 87 russische Staatsbürger und -bürgerinnen am Kosmodrom Kourou stationiert. Aktuell werde daran gearbeitet, sie abzuziehen. Sie helfen unter anderem bei den Starts, die mit russischen Sojus-Raketen erfolgen. Eine solche hatte erst am 10. Februar 34 Satelliten des Internetprojekts OneWeb von dort aus ins All gebracht. Am 10. April sollten ebenfalls mit einer Sojus-Rakete zwei europäische Galileo-Satelliten ins All geschossen werden. Das dürfte nun mindestens verschoben werden. Von der ESA gibt es bislang noch keinen Kommentar zum Rückzug des russischen Personals. ESA-Chef Josef Aschbacher hatte erst am Freitag versichert, dass sich an der Kooperation vorerst nichts ändern werde.

eRosita (extended Roentgen Survey with an Imaging Telescope Array) ist ein Röntgenteleskop. Es kann den gesamten Röntgenhimmel mit bisher unerreichter Tiefe kartieren. Seine erste komplette Durchmusterung hatte es Mitte 2020 abgeschlossen. Es sucht unter anderem nach riesigen, bisher unbekannten Strukturen. Installiert ist eRosita auf der Weltraumsonde Spektrum-Röntgen-Gamma (Spektr-RG), die hat noch das russische Teleskop ART-XC an Bord. Die deutsche Seite sei jetzt angewiesen worden, das Röntgenteleskop abzuschalten, erklärte Rogosin laut der russischen Nachrichtenagentur Tass. Vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gibt es bislang noch keine Bestätigung, eine diesbezügliche Anfrage von heise online wurde noch nicht beantwortet.

Die Entwicklungen verdeutlichen einmal mehr, wie eng die Kooperation zwischen Russland und Europa im Bereich der Raumfahrt ist und welche Folgen die Sanktionen haben können. Rogosin hatte unmittelbar nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine und der Verhängung der ersten Sanktionen sogar damit gedroht, dass Russland die Kooperation beim Betrieb der Internationalen Raumstation ISS beenden könnte. Dann könnte die Station schlimmstenfalls nicht mehr vor dem Absturz bewahrt werden. Die NASA hatte daraufhin versichert, dass der Betrieb der ISS wie geplant weitergehen werde.

(mho)