Schlechte Nachrichten für Raumtemperatur-Supraleiter

Zwei Forscher-Teams in Indien und China konnten Messungen an einem neuen Material, das bei Raumtemperatur supraleitend sein soll, nicht reproduzieren.

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Screenshot aus einem von den Forschern veröffentlichten Video der Forscher, das "LK-99" schwebend auf einem Magneten zeigen soll.

(Bild: Screenshot)

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Seitdem eine Gruppe südkoreanischer Wissenschaftler Ende Juli behauptete, einen Raumtemperatur-Supraleiter entdeckt zu haben, ist die Aufregung in der Forschung groß: Sollten sich die Ergebnisse des Preprint-Papers bestätigen, das die Forscher vorab veröffentlicht hatten, wäre das eine wissenschaftliche und technische Sensation. Doch die Chancen dafür verschlechtern sich. Zwei voneinander unabhängige Forschungsgruppen in Indien und China sind mit ihren Bemühungen gescheitert. Das geht aus zwei neuen Preprints hervor (Paper 1 und Paper 2).

In Supraleitern verschwindet der elektrische Widerstand unterhalb der "Sprungtemperatur", die im Fall des Materials LK-99 bei 400 Kelvin (etwa 130 Grad Celsius) liegen soll. Da es schwierig ist, diese Eigenschaft direkt nachzuweisen, stützen sich Materialforscher bei Supraleitern auf andere Indizien wie etwa den Meißner-Ochsenfeld-Effekt, bei dem ein Magnetfeld aus dem Supraleiter heraus gedrängt wird – was bei genügend hohen Feldstärken auch dafür sorgt, dass ein Supraleiter über einem Magneten schwebt. Den perfekten Diamagnetismus und das Schweben konnten jedoch beide Gruppen nicht nachweisen. Grundsätzlich bedeutet das jedoch nicht, dass LK-99 ein Irrtum oder ein Schwindel ist. Zurzeit bedeutet es lediglich, dass zwei Gruppen, die sich nach eigenen Angaben genau an das Rezept zur Herstellung des Materials gehalten haben, bislang bei der Reproduktion der Ergebnisse gescheitert sind. Die Website spacebattles.com hat eine Übersicht über den Status der aktuellen Versuche veröffentlicht, die laufend aktualisiert wird.

Unterdessen wird im Internet auch weiter heftig über die beteiligten Wissenschaftler und das Paper diskutiert. Angeblich sollen die Drei das Paper beim Fachjournal "Nature" eingereicht haben, wo es abgelehnt worden sei. In dem Zusammenhang wird spekuliert, ob Nature das Paper abgewiesen hat, weil zuvor Aufsätze über Hochtemperatur-Supraleitung unter hohem Druck zurückgezogen wurden. Für keines dieser Gerüchte gibt es Belege. Der Erstautor der Studie, Sukbae Lee, hat sich unterdessen von der Veröffentlichung distanziert, weil sie verfrüht gewesen sein soll.

(wst)