Siemens Norwegen: Zwischen Bestechung und überteuerten Rechnungen

Die norwegische Behörde zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität hat eine Strafe von zwei Millionen Kronen (250.000 Euro) gegen Siemens Norge verhängt. Das Unternehmen soll versucht haben, hochrangige Militärs zu bestechen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 30 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die norwegische Behörde zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität, Økokrim, hat am heutigen Dienstag bekannt gegeben, dass sie eine Strafe von zwei Millionen Kronen (250.000 Euro) gegen Siemens Norge verhängt hat. Das Unternehmen hatte im März 2004 drei hochrangige Militärs zu einer Golfreise ins spanische Alicante eingeladen und dabei Kosten von mindestens 19.191 Kronen (nach aktuellem Kurs 2400 Euro) übernommen. Die umsorgten Offiziere hätten Aufträge erteilen oder deren Vergabe beeinflussen können.

Die Veranstaltung der Reise wertet Økokrim als Bestechungsversuch. Eine norwegische Anwältin des Konzerns sieht darin jedoch keinen strafbaren Tatbestand und rät, Rechtsmittel gegen die Strafe einzulegen. Dafür hat Siemens nun 14 Tage Zeit. Die Behörde verhängte zudem Strafen gegen drei in den Fall verwickelte Personen (darunter zwei Siemens-Mitarbeiter), die sich auf je 75.000 Euro belaufen.

Die Beziehungen zwischen Siemens und dem norwegischen Militär sind delikat. 2006 war ein unabhängiges Untersuchungsgremium zu dem Schluss gekommen, dass Siemens dem Militär in den Jahren 2000 bis 2004 vorsätzlich um 36,8 Millionen Kronen (4,6 Millionen Euro) überhöhte Rechnungen ausgestellt hatte. Das Verteidigungsministerium erklärte später, im Zeitraum 2004 bis 2005 habe man weitere 11,8 Millionen Kronen (1,5 Millionen Euro) zu viel zahlen müssen. Siemens einigte sich später auf eine Rückzahlung von 75,6 Millionen Kronen (9,5 Millionen Euro). Im vergangenen Februar wurde Siemens dafür eine Strafe von neun Millionen Kronen (1,1 Millionen Euro) auferlegt. Das Unternehmen teilte damals mit, die Strafe vor Gericht anfechten zu wollen.

Medienberichten zufolge hat das Militär 2006 einige Mitarbeiter entlassen, weil sie von Siemens Reisen und Geschenke angenommen haben sollen. Es bestehe der Verdacht, dass sie im Gegenzug eine genaue Prüfung der Siemens-Abrechnungen unterlassen hätten. Die Unregelmäßigkeiten waren von einem Mitarbeiter der Siemens-Finanzkontrolle, Per-Yngve Monsen, entdeckt worden. Nachdem er seine Vorgesetzten informiert hatte, wurde ihm gekündigt. Daraufhin informierte er die zuständige Abteilung in der Konzernzentrale in Deutschland, die aus seiner Sicht aber nichts unternahm. Siemens sieht das anders.

Der Skandal wurde öffentlich, als sich der Mann schließlich an norwegische Medien wandte. Ein norwegisches Gericht hat Monsens Kündigung als ungerechtfertigt erkannt. Der Mann berichtet von anonymen Anfeindungen und Drohungen gegen sein Leben und seine Familie. Dennoch hat er ein Buch über den Fall geschrieben, für dessen deutsche Übersetzung noch ein Verleger gesucht wird. Dieses Jahr wurde er mit dem Fritt Ord Preis (Freies Wort) ausgezeichnet. Mit diesem Preis werden in Norwegen Personen bedacht, die sich spezielle Verdienste um die Freiheit der Meinungsäußerung erworben haben. Die Auszeichnung wird jährlich Anfang Mai in Verbindung mit dem Jahrestag der Befreiung Norwegens von der deutschen Besatzung verliehen.

Vergangenen Sommer hatte die norwegische Verteidigungsministerin angekündigt, mangels Vertrauen keine weiteren Aufträge an Siemens mehr vergeben zu wollen. Sie hat Monsen für seinen Einsatz mit einem Blumenstrauß gedankt. (Daniel AJ Sokolov) / (pmz)