Smartphones: Patent-Ärger für Aufsteiger Xiaomi

Der chinesische Marktführer hat in Indien Ärger mit Ericsson und darf dort vorerst keine Smartphones mehr verkaufen. Es geht um Standard-Patente für Mobilfunktechnik.

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Xiaomi-Chef Lei Jun

Xiaomi-Gründer Lei Jun stellt ein neues Smartphone vor.

(Bild: dpa)

Lesezeit: 3 Min.

Mit Aufsteiger Xiaomi kommt auch neuer Schwung in die Patentstreitigkeiten der Mobilfunkbranche. Der chinesische Hersteller hat sich in Indien ein Verkaufs- und Importverbot eingehandelt, nachdem sich Ausrüster Ericsson über Patentverletzungen beschwert hat. Der High Court in Neu Delhi hat Medienberichten zufolge eine einstweilige Verfügung gegen Xiaomi und dessen indischen Vertriebspartner erlassen. Bis zum Gerichtstermin Anfang Februar dürfen demnach keine Xiaomi-Smartphones mehr eingeführt und verkauft werden.

Ericsson macht Patentrechte für die Mobilfunkstandards GSM, EDGE und UMTS geltend. Solche standardrelevanten Patente müssen nach einer internationalen Übereinkunft zu fairen Konditionen lizenziert werden, den sogenannten FRAND-Bedingungen (Fair, reasonable and non-discriminatory). Ericsson wirft Xiaomi vor, seit drei Jahren nicht auf Verhandlungsangebote zu reagieren. Als "letzter Ausweg" sei nun nur noch die Klage geblieben.

Xiaomi ließ dazu am Donnerstag verlauten, das Unternehmen habe noch keine Entscheidung zugestellt bekommen und der Verkauf gehe solange weiter. Zugleich betont der Hersteller seine Bereitschaft, mit Ericsson freundschaftlich zusammenzuarbeiten und die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. An einer schnellen Lösung dürfte Xiaomi durchaus Interesse haben: Indien ist einer der wichtigsten Auslandsmärkte des chinesischen Newcomers, der dort seit Sommer angeblich 800.000 Geräte verkauft hat. Inzwischen sollen es 200.000 pro Woche sein.

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Xiaomi wurde 2010 gegründet und hat sich darauf spezialisiert, technisch hochgerüstete Geräte deutlich günstiger als die Konkurrenz zu verkaufen. Dabei sieht sich der Hersteller immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, etablierte Markenprodukte schamlos zu kopieren. Mit dieser Strategie ist das junge Unternehmen offenbar profitabel. Xiaomi hat den Heimatmarkt aufgerollt und ist auch im internationalen Vergleich in die Spitzengruppe der Smartphone-Hersteller aufgestiegen. Laut IDC hat Xiaomi im dritten Quartal 2014 insgesamt 17,3 Millionen Smartphones verkauft – nur Apple und Samsung waren besser.

Nun will Xiaomi ins Ausland expandieren. Dafür hat der Hersteller im vergangenen Jahr den ehemaligen Android-Manager Hugo Barra von Google abgeworben. Vor kurzem hat das Unternehmen seine Expansionspläne aber deutlich gebremst: Statt wie ursprünglich geplant in zehn will Xiaomi in diesem Jahr nur in fünf Länder expandieren. Der Hersteller erklärt das mit Produktionskapazitäten, die erst noch ausgebaut werden müssen. Das indische Beispiel zeigt aber, das im Ausland noch ganz andere Probleme warten können, wenn man zum Beispiel keine Lizenzen für Standardtechniken zahlt.

Update 18:22 Uhr:

Laut einem Facebook-Eintrag von Barra sind von der Verfügung die Modelle Redmi Note und Redmi 1S betroffen. Ericsson geht darüber hinaus in Indien auch gegen andere Hersteller wegen angeblicher Patentverletzungen vor, darunter Micromax und Intex. Der High Court hatte gegen Micromax zuletzt eine vorläufige Anordnung erlassen, derzufolge der Smartphone-Hersteller bis zur endgültigen Klärung im Prozess 1 Prozent des Gerätemsatzes als Lizenzzahlungen an Ericsson abführen muss.

Smartphone-Verkäufe nach Hersteller, IDC
Hersteller 3. Quartal 2014 3. Quartal 2013 Absatz +/-
Geräteabsatz Marktanteil Geräteabsatz Marktanteil
Samsung 78,1 Mio. 23,8 % 85,0 Mio. 32,5 % -8,2 %
Apple 39,3 Mio. 12,0 % 33,8 Mio. 12,9 % +16,1 %
Xiaomi 17,3 Mio. 5,3 % 5,6 Mio. 2,1 % +211,3 %
Lenovo 16,9 Mio. 5,2 % 12,3 Mio. 4,7 % +38,0 %
LG 16,8 Mio. 5,1 % 12,0 Mio. 4,6 % +39,8 %
Andere 159,2 Mio. 48,6 % 113,0 Mio. 43,2 % +40,9 %
Gesamt 327,6 Mio. 261,7 Mio. +25,2 %
IDC Worldwide Mobile Phone Tracker, Oktober 2014

(vbr)