Social Web: immer häufiger äußern Neonazis ihren Hass unverhohlen

In den vergangenen Jahren herrschte noch subtile Propaganda vor. Nun aber stieß jugendschutz.net regelmäßig auf Darstellungen, in denen Juden, Muslime, Sinti & Roma oder Homosexuelle ohne Umschweife zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden.

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Neonazis verbreiten ihre Hasspropaganda in sozialen Netzwerden immer häufiger unverhohlen. Das hat jugendschutz.net für den Bericht "Rechtsextremismus online 2013" ermittelt, den die länderübergreifende Stelle für den Jugendschutz im Internet am heutigen Dienstag vorgestellt hat. "Während in den vergangenen Jahren subtile Propaganda vorherrschte, stoßen wir mittlerweile regelmäßig auf Darstellungen, in denen Juden, Muslime, Sinti & Roma oder Homosexuelle ohne Umschweife zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden", sagte Stefan Glaser, stellvertretender Leiter von jugendschutz.net. Dabei gelte: Je anstößiger, provokanter und poppiger ein Beitrag ist, desto eher verbreitet er sich schneeballartig und auch über rechtsextreme Kreise hinaus.

(Bild: jugendschutz.net)

Das Social Web ist für die Rechtsextremisten das wichtigste Mittel, um Jugendliche anzusprechen und mit menschenverachtenden Ideologien zu beeinflussen. 2013 waren etwa 70 Prozent aller gesichteten 5507 Webangebote dort zu finden. Sie stammen aus dem Umfeld von Kameradschaften, Versandhändlern, Musikgruppen und der NPD.

Die Zahl der dokumentierten Jugendschutzverstöße erreichte 2013 mit 1842 Fällen einen neuen Höchststand. Darunter haben vor allem strafbare Beiträge im Social Web weiter zugenommen, und zwar von 1170 im Jahr 2012 auf 1460 im vorigen Jahr.

Anscheinend fühlen sich Rechtsextreme bei der Nutzung ausländischer Server nach wie vor sicherer vor Strafverfolgung und verbreiten dort unverhohlen Hassinhalte, schreibt jugendschutz.net. Vor allem das russische Netzwerk VK oder der Yahoo-Dienst Tumblr unternehmen nach Ansicht von Glaser zu wenig, um diese Inhalte von ihren Plattformen zu verbannen.

Offene Hetze, beispielsweise gegen Muslime oder Sinti und Roma, findet enorme Zustimmung, haben die Jugendschützer ermittelt. Um beispielsweise Muslime als "gewalttätig" und "potenzielle Vergewaltiger" zu diffamieren, verwendeten Rechtsextreme Szenenbilder aus Splatterfilmen. Allerdings würden auch authentische Videoaufnahmen von Neonazis verbreitet, in denen Homosexuelle misshandelt würden.

Rechtsextreme kapern auch Hashtags, um Twitternutzer auf sich aufmerksam zu machen. 2013 wurden rassistische Twittereinträge mit Hashtags wie #schauhin verschlagwortet, die ursprünglich aus Kampagnen gegen Rassismus stammten. Webaktivisten aus neonazistischen Kameradschaften setzen weiterhin auf jugendaffines Auftreten und erlebnisorientierte Ansprache. (anw)