Stiftung Datenschutz: Die NSA-Debatte hilft

Frederick Richter, Präsident des unlängst eingerichteten staatlichen "Daten-TÜVs", hat die Geheimdienstaffäre als Wegbereiter für eine höhere Wertschätzung der Privatsphäre bezeichnet. Defätismus sei fehl am Platz.

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Frederick Richter, Präsident der unlängst auf Sparflamme eingerichteten "Stiftung Datenschutz", hat die Geheimdienstaffäre rund um PRISM und Tempora als Wegbereiter für eine höhere Wertschätzung der Privatsphäre bezeichnet. "Die NSA-Debatte hilft beim Datenschutz", befand der Liberale am Dienstag auf einer Konferenz der Initiative D21 zum Verbraucherschutz in der digitalen Welt in Berlin. Die Leute seien "aufgeschreckt" worden. Dies dürfe aber nicht umkippen in einen Defätismus nach dem Motto, "jetzt ist ohnehin alles egal".

Die Wirtschaft müsse "bequem zu bedienende Verschlüsselungssysteme entwickeln", meint Richter. Auch müsse sie gemeinsam mit der Bundesregierung ein größeres Bewusstsein für den Selbstschutz wecken. Zudem müsse die Politik massive Grundrechtseingriffe durch Spähaktionen unterbinden. Dafür biete sich etwa das geplante transatlantische Freihandelsabkommen an.

Die Bundesregierung habe bisher "alles dafür getan", ein stärkeres Bewusstsein der Bürger für Privatheit zu vernebeln, meint Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz. Im PRISM-Skandal helfe nichts anderes, als massiven Druck auf die USA auszuüben: "Wir geben Euch unsere Daten nicht mehr, wir ermitteln, Edward Snowden bekommt Asyl bei uns. Das sind die Signale, die die Amis verstehen und die weh tun."

Weichert befürwortet den Entwurf für die neue EU-Datenschutzgrundverordnung: "Verstöße müssen weh tun, Gesetze müssen durchgesetzt werden können." Es könne nicht angehen, dass es allein in Schleswig-Holstein noch "ganz viele Behörden gibt, die nicht verschlüsselt kommunizieren können". Insgesamt müsse beim Datenschutz in der ganzen EU eine "Einheitlichkeit auf hohem Niveau" erzielt werden.

Harmonisierung sei ein wichtiger Punkt, pflichtete Wolf Osthaus von Unitymedia KabelBW Weichert teils bei. Die Datenschutzverordnung werde das Tempora-Problem aber nicht lösen, da es dabei nur um die Privatwirtschaft gehe. Die Internetunternehmen seien im Spähskandal die Leidtragen, da sie keine Kundendaten herausgeben wollten und auf staatlichen Zwang hin das Vertrauen ihrer Nutzer aufs Spiel setzen müssten. In diesem Licht hat die Geheimdienstaffäre für Osthaus die gesamte Datenschutzdebatte auf den Kopf gestellt und verdeutlicht, dass die größte Bedrohung für die Privatsphäre nicht von der Wirtschaft, sondern vom Staat ausgehe.

Marko Hoffmann von der TÜV Süd Management Service GmbH kann sich derweil über mangelnde Nachfragen rund um Möglichkeiten zur besseren Absicherung elektronischer Kommunikation nicht beklagen. Aus Sicht des technischen Datenschutzes werde es nach den jüngsten Berichten über einen Großangriff der NSA auf Verschlüsselung im Internet aber "ganz schön eng". Auch der "mündige User" könne in diesem Umfeld kaum noch Einfluss nehmen. Der Praktiker vermisste ebenfalls einfachere kryptographische Lösungen etwa für den E-Mail-Versand in Unternehmen: "Das muss automatisch per Knopfdruck verschlüsselt rausgehen."

(anw)